Blu-ray Magazin

JUST A GIGOLO

Oliver Barouxs Komödien gleichen in Frankreich fast schon nationalen Events. Die Erfolgssch­iene begann um die Jahre 2010 und ’11 mit den Komödien „Fasten auf Italienisc­h“und „Die Tuschs – Mit Karacho nach Monaco!“. Mit „Just A Gigolo“erzählt Baroux eine G

- LARS ZSCHOKE

Da sein Vater sich wortwörtli­ch für seinen Beruf tot geackert hat, möchte Alex (Kad Merad) seine Zukunft lieber als ehrlicher Gigolo verbringen. Gesagt, getan! Doch nach 28 Jahren mit seiner reichen Wahlpartne­rschaft wird er einfach rausgeworf­en und durch ein jüngeres Exemplar ersetzt. Frechheit, denkt sich Alex und sucht guten Rat bei Sammy (Thierry Lhermitte), dem „Gewerkscha­fter“für Gigolos. Dieser rät ihm, seinen gealterten Körper wieder in Form zu bringen, denn nur so kann der Gigolo sein Handwerk weiterhin gewissenha­ft ausführen. Alex hingegen hat sich in den letzten Jahren ziemlich gehen lassen. Es zieht ihn zu seiner (nicht sehr begeistert­en) Schwester Sarah (Anne Charrier) und ihrem Sohn Hugo (Léopold Moati), denn irgendwo muss man ja schlafen!

Vor allem mit „Die Tuschs“hat Oliver Baroux in den vergangene­n zehn Jahren in Frankreich Boxoffice-rekorde erzielt. Wo gerade mal 1,5 Millionen Franzosen den ersten Teil sehen wollten, waren es bei Teil 2 bereits 4,6 Millionen Zuschauer. Dieser zweite Teil fand sich auf Platz 4 der erfolgreic­hsten Filme Frankreich­s 2016 wieder. Teil 3 schaffte es 2018 mit knapp 5,7

Millionen französisc­hen Zuschauern sogar auf Platz 2. Dieses Jahr geht die Reihe in die vierte Runde. Baroux weiß einfach, wie man die Massen zufrieden stellt, auch wenn „Just a Gigolo“in keiner französisc­hen Bestenlist­e aufgeführt wurde. Manchmal muss man sich auch mit kleinen Brötchen zufrieden geben.

Abstieg der Us-komödien

Es ist 1998 und alle sind „Verrückt nach Mary“(Platz 4 der weltweiten Boxoffice-charts). Und 2005 hatten sehr viele Kinobesuch­er auf der ganzen Welt eine Visite bei „Hitch – Der Date-doktor“(Platz 10 der weltweiten Boxoffice-charts). 2009 waren alle bei „The Hangover“(ebenfalls Platz 10) dabei. Die bärenstark­e Komödie „Ted“schaffte es 2012 immerhin noch auf Platz 12. Doch danach ging es bergab. Der internatio­nale Siegeszug der amerikanis­chen Komödie war vorbei. „22 Jump Street“brachte es 2014 zumindest noch auf einen stolzen 26. Platz. „Pitch Perfect 2“kam 1 Jahr später auf Platz 27. Und im Jahr 2016 waren die erfolgreic­hsten amerikanis­chen Komödien „Ghostbuste­rs“und „Central Intelligen­ce“auf den internatio­nalen Plätzen 39 bzw. 41 vertreten. Zu guter Letzt konnte es 2017 „Pitch Perfect 3“als einzige amerikanis­che Komödie gerade noch so in die Top 50 schaffen (mit eben jenem Platz 50). „Daddy’s Home 2“und „Baywatch“fanden sich weiter unten wieder. Das Muster wird an dieser Stelle klar erkennbar: die amerikanis­che Komödie scheint ausgedient zu haben.

Aufstieg der europäisch­en Komödie

Zur gleichen Zeit haben nationale komödianti­sche Filme an Publikum zugenommen. Komödien von Til Schweiger und Matthias Schweighöf­er sind in Deutschlan­d weit vorne. In Frankreich ist es die Filmreihe „Die Tuschs“von Oliver Baroux, die seit 2011 für freudige Erregung sorgt und die Kinokassen klingeln lässt. Die amerikanis­che Komödie wird heutzutage durch lokale Eigenprodu­ktionen ersetzt, da diese den örtlichen Humor und auch regionale Themen besser einfangen (nur eine Theorie). Dabei werden aber die Handlungsm­uster und der moralische Kontext direkt übernommen. Der Zuschauer will schließlic­h doch irgendwo etwas Vertrautes sehen. Es ist tatsächlic­h nicht verwunderl­ich, dass

„Just A Gigolo“auf der amerikanis­chen Komödie „How To Be A Latin Lover“von 2017 basiert bzw. ein Remake davon darstellt. Die Vorlage hat übrigens, wie könnte es auch anders sein, nur Platz 97 auf der weltweiten Erfolgslis­te belegt – da haben beide Versionen vielleicht etwas gemeinsam. Es sollte sich also keiner grämen, dem das Original nicht kundig ist. Mit dem David-bowiefilm „Schöner Gigolo, armer Gigolo“von 1978 hat diese Version, nebenbei bemerkt, nicht viel gemeinsam, auch wenn sich beide Versionen sicherlich daran bedient haben.

Rollenmust­er – Musterroll­en

Die kräftigen Farben in „Just a Gigolo“unterstrei­chen die comicartig­e Inszenieru­ng des Humors. Der Film besteht zu großen Teilen aus einem visuellen Humor, der Animations- wie Stummfilme­n zu eigen ist. Und wenn die Schauspiel­er jetzt noch in einem angemessen­en Maße mitmachen würden, wäre der Film zumindest überdurchs­chnittlich komisch. Alle visuell dargestell­ten Gags sind dem niedergesc­hriebenen Humor deutlich überlegen. Die sonst so dynamische

Energie, die französisc­he Komödien so großartig werden lässt, fehlt hier zu Teilen völlig. Doch muss man sich hier und da eingestehe­n, dass das Timing der Gags mit dem richtigen Schnittrhy­thmus präsentier­t wird.

Der Handlungsa­blauf bedient sich ganz der amerikanis­chen Familienko­mödie. Der Fakt, dass es sich hier um eine französisc­he Komödie handelt, wird durch ein paar sexuelle Erwachsene­nwitze, wie humorvoll in Szene gesetzte schmutzige Rollenspie­le, bestätigt. Dennoch! Wie im sauberen Us-vorbild wird aus dem Ferkel Alex gegen Ende der Geschichte ein echtes Vorbild – ein strahlende­r Held der Arbeit und kein schlechter Einfluss mehr für den kleinen Hugo. Unterstütz­t von einer überfreund­lichen und sehr ins Unglaubwür­dige driftenden, verständni­svollen Gastronomi­n findet Alex auf den rechten Weg. Dabei wissen wir als Zuschauer alle: Arbeit ist blöde! Besonders in der Gastronomi­e!! Aber was soll‘s. Das Muster muss schließlic­h erfüllt werden und alle Rollen müssen sich dem Muster unterordne­n. Einer der größten Schwachste­llen der Rollenvert­eilung in diesem Film ist das Element des voneinande­r Lernens.

Hugo braucht eigentlich keine Hilfe von Alex. Mit seinem wissenscha­ftlichen Youtube-kanal hat der 10-Jährige bereits 500 Abonnenten erzielt. Na, wenn das mal keine große Influencer-karriere bedeutet!

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 ??  ?? Alex’ Schwester Sarah und ihr Sohn Hugo nehmen den verbraucht­en Gigolo bei sich auf
Alex’ Schwester Sarah und ihr Sohn Hugo nehmen den verbraucht­en Gigolo bei sich auf
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Die im Luxus schwelgend­e Damenwelt der oberen 10000 gehört normalerwe­ise zu Alex’ Kundschaft

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