Don’t Read This On A Plane
OT: Don’t Read This On A Plane L: AU J: 2020 V: Lighthouse B: 2.35 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Stuart Mcbratney
D: Sophie Desmarais, Victor von Schirach, Susanna Dekker LZ: ca. 87 min FSK: 12 W-cover: ja
VÖ: 24.09.21 ×1 Extras: 0,5/10
Warum Leserinnen eines Buches verhaftet werden, wenn sie die Warnung des Romantitels nicht beherzigen, offenbart der Film erst relativ spät. Es soll angeblich mit einer besonders brisanten Stelle im Buch zusammenhängen. Und jede Person, die deswegen am Flughafen verhaftet wird, bringt der Autorin Jovana Fey (Sophie Desmarais) und ihrem angeblichen Skandalwerk etwas mehr Publicity ein. Das hat sie auch bitter nötig, denn gerade wurde ihre Hotelbuchung storniert, weil ihr Verleger pleite gegangen ist und sie nun lediglich mit ein paar Flugtickets und ihrem Koffer ausgestattet ganz ohne Geld durch Europa touren muss, um den neuen Roman an den Mann … oder besser gesagt an die Frau zu bringen. Die nächsten drei Wochen besteht ihr Leben abwechselnd aus Trampen, MOAFING (Couchsurfing auf Matratzen) und Vorlesungen in unterschiedlichsten Buchhandlungen. Und sollten hier und da ein paar kostenlose Kekse, Häppchen oder Fertigmenüs abfallen, lässt sich die hungernde Schriftstellerin keine Chance entgehen. Auf ihrer Reise durch Italien, Portugal, Frankreich, Budapest, Niederlande, Griechenland, Rumänien und so weiter begegnen ihr die unterschiedlichsten Leute, die mal mehr, mal weniger gesprächig, aber immer hilfsbereit sind. Von winzigen Hausbooten bis zu riesigen Hörsälen trägt jeder Vortagsort seinen eigenen Charme. Und natürlich wird die Autorin von Kurzgeschichten über sexuelle Begegnungen zwischen Frauen auch stets über ihr Privatleben befragt. Ist sie selbst lesbisch? Wie ist ihre Beziehung mit ihrem Ehemann? Woher nimmt sie ihre Inspirationen? Schreibt sie nur über heikle Themen, um mehr Bekanntheit zu erlangen? Jovanas Reaktionen und Antworten auf solch private Fragen sind verhalten, denn bei einem klaren „Nein“verliert sie Leser, bei einem „Ja“ist ihre Privatsphäre bedroht. Irgendwo zwischen Schein und Sein offenbart sie in jedem Gespräch mehr von ihrem Charakter und lässt sich von ihren Begegnungen inspirieren. Dass sie ihren Ehemann Theo (Allen C. Gardner), der als Koch auf einer Ölplattform arbeitet, quasi als Running Gag nie telefonisch erreicht oder störfrei mit ihm sprechen kann, scheint ihr Bestreben, in Wirklichkeit gar nicht aus dieser Bredouille heraus kommen zu wollen, nur anzufeuern.
Sie dachten nicht, dass es Musik war
Ähnlich wie die Leser des fiktiven Romans im Film davon ausgehen, dass Jovanas Beschreibungen autobiografischer Natur sind, geht man als Zuschauer davon aus, dass das Drehbuch dieses Reisejournals autobiografische Züge einer Autorin trägt und möglicherweise sogar eine Buchverfilmung ist. Autor und Regisseur Stuart Mcbratney legt es mit seiner Art des authentischen Erzählens geradezu darauf an. In den lose aneinander gereihten Alltagssituationen einer Backpackerin kommt allerdings nicht gerade viel Spannung auf, da die einzelnen Stationen relativ kurz abgehandelt werden, wodurch die immergleiche Reihenfolge der Ereignisse (Trampen, Unterkunft, Vorlesung, Nachspiel) ermüdet. Lediglich die reale Beziehung der Eheleute bleibt von Interesse und bildet am Ende auch quasi das Fazit der kompletten Geschichte. Sind Jovanas Geschichten darüber nun reine Publicity-geschichten wie die Ausführungen über ihre „luxuriösen“Reisebedingungen bei einem Telefon-interview? Oder ist ihre 28-Tage-fern-28-tage-nah-beziehung wirklich so reizvoll? Und was passiert, wenn sie miteinander tatsächlich ohne Störungen telefonieren können? Sieht man den Film nicht als Tragikomödie, sondern als fiktiven Reisebericht mit sicherlich auch einigen eingebauten autobiografischen Erlebnissen des Drehbuchautors, dann lohnt sich der Blick schon eher. Vielleicht bekommt man ja auch selber Lust, ganz ohne Geld und nur mit ein paar Flugtickets quer durch Europa zu reisen. Ein Projekt, was man vielleicht nach der Corona-pandemie anstreben sollte.
OT: Lady Driver L: US J: 2020 V: Splendid Film
B: 2.39 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Shaun Paul Piccinino
D: Grace Van Dien, Sean Patrick Flanery, Christina Moore LZ: 105 min FSK: 6 W-cover: ja
VÖ: 27.08.21 ×1 Extras: 0,5/10
Ellie Lansing (Grace Van Dien) ist ein Wirbelwind und mag Autos. Jura oder Medizin zu studieren, das kommt ihr, zum Leidwesen ihrer Mutter, nicht in den Sinn. Lieber möchte sie über den Sommer gern bei ihrem Onkel Tim Lansing (Sean Patrick Flanery) in der Werkstatt arbeiten. Von ihm erfährt sie auch überraschend, dass ihr Vater Elliot (verkörpert von Grace Van Diens echten Vater, dem ‚Starship Trooper‘ Caspar Van Dien) einst ein Rennfahrer war und auch dass er bei einem Rennen ums Leben kam. Dieses Wissen entpuppt sich als der letzte Stein des Anstoßes für Ellie. Nun will die Teenagerin selbst hinters Lenkrad eines motorisierten Hochgeschwindigkeitsvehikels steigen. Doch dazu muss sie sich erst mal in die Oberliga kämpfen.
Eine klassische Heldengeschichte
Man merkt es sicherlich schon, „Lady Driver“will nichts anderes sein als ein obligatorischer Motorsportfilm für Mädchen. Wer schon einige
Filmerfahrung mit sich bringt, wird hier das übliche Muster sehr schnell erkennen können. Es gibt eine aufstrebende Protagonistin, die gegen den Willen eines Vormundes, hier die Mutter, ein eigenes Leben anfangen will. Es gibt die einsichtige Mentor-figur in Form des Onkels und Ellie hat außerdem noch ein Vermächtnis weiterzugeben bzw. ein Schicksal zu erfüllen: das des verstorbenen Vaters. Auf der Heldenreise begegnet sie einem Kontrahenten in Form von Vance Dickson (John Ducey), der sie in bester Draco-malfoy-manier anstachelt, und dessen Vater natürlich auch ein Fehde mit Ellies Vater hatte. Als ob die Vermächtnis-aussage nicht schon offensichtlich genug ausgefallen ist, da Ellies Vater auch noch Elliot heißt. Und natürlich darf auch eine mit Musik untermalte Trainingsmontage nicht fehlen.
Zielgruppengerecht
Regisseur Shaun Paul Piccinino und Autor John Ducey haben beide in ihrer Karriere schon Erfahrungen mit romantischen Komödien und Sportfilmen sammeln können und wenden ihr Wissen hier an. „Lady Driver“ist filmtechnisch gesehen eine solide Angelegenheit und mit einem vorbildlichen Aufbau und spannenden Rennen ausgestattet. In der ersten Hälfte der Handlung wird die Motivation der Hauptfiguren eingeführt und schon sehr weit vorangetrieben, um in der zweiten Hälfte Platz für die Autorennsequenzen zu machen. Grace Van Dien macht dabei als Ellie einen sehr sympathischen und energetischen Eindruck, der die Fahrlust ihrer Figur gut widerspiegelt (ihre deutsche Stimme Lea Fleck wirkt in der Betonung noch etwas aufgesetzt und gekünstelt). Die eigentlichen Motivationen sind aber im Grunde sehr simpel und dieselben wie bei jedem anderen Sportfilm auch. Und an dieser Stelle wird das Negative des Streifens deutlich sichtbar. Alle Figuren sind nur Klischees. Die gutmütige, aber schüchterne Nerdfigur hat ebenso einen Auftritt wie die uneinsichtige Mutter oder der überhebliche Antagonist. Und natürlich darf in so einer Erzählung nicht die obligatorische Anspielung auf Ellies Geschlecht fehlen. Mädchen und Autofahren – ein Affront!
Dennoch spielt dies alles nur eine untergeordnete Rolle in der Qualität von „Lady Driver“. Die Zielgruppe setzt sich eher aus jugendlichen Mädchen zusammen als aus erwachsenen Filmwissenschaftlerinnen. Die Figuren sind einfach gehalten und das Thema wird klar und deutlich transportiert. Auch wenn Filme wie „Stimme des Herzens“(1995) von Yoshifumi Kondô da deutlich erinnerungswürdigere Szenen zu bieten haben, ist „Lady Driver“tatsächlich weit davon entfernt, ein schlechter Film zu sein. Ellies Lernprozess bezieht sich im Laufe der Handlung nicht nur auf Drehzahlen und Motor-tuning, sondern sie lernt auch Menschen besser einschätzen zu können. Und hier, auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen, liegt der moralische Wert in der Erzählung. Das formelhafte Muster wird dem jüngeren Publikum sicherlich nicht allzu sehr auffallen.