TWO HEADS CREEK
Norman und Annabelle kommen vom Regen in die Traufe, als sie sich auf den Weg in ein Provinznest in Down Under machen, um ihre leibliche Mutter zu finden. Dass sie hier nicht willkommen sind, machen ihnen die Bewohner von Two Heads Creek unmissverständlic
Als Sohn polnischer Einwanderer führt der zurückhaltende Norman (Jordan Waller) die Metzgerei seiner Mutter Gabriella Koloswki in einer britischen Kleinstadt nach deren Tod weiter – sehr zum Missfallen der ansässigen Bewohner, die regelmäßig das Geschäft mit Fäkalien und Sprüchen wie „F*** off home“verzieren. Doch Norman ist fest entschlossen, sich nicht so einfach vertreiben zu lassen und begegnet trotz Anfeindungen jedem mit einem Lächeln. Sogar die Beerdigung seiner Mutter findet zwischen den Tiefkühltheken der Metzgerei, dem ganzen Stolz seiner Mutter, statt. Das mag auch dem Fakt geschuldet sein, dass Norman den Sarg einfach nicht in die obige Wohnung getragen bekommen hat. Zu dem traurigen Anlass lässt sich seine extrovertierte Zwillingsschwester Annabelle (Kathryn Wilder) blicken, die eifrig an ihrer Schauspielkarriere bastelt und aktuell das Werbegesicht für ein Abführmittel ist. Von den Bemerkungen der lästerfreudigen Verwandtschaft irritiert, entdeckten die Geschwister einen Hinweis darauf, dass ihre Mutter tatsächlich nicht ihre leibliche Mutter war. Inmitten der Hinterlassenschaften finden sie die letzte Anschrift ihrer tatsächlichen Lebensspenderin Mary Pearce (Kerry Armstrong). Ihre Suche führt Norman und Annabelle nach Australien in ein kleines, verschlafenes Nest namens „Two Heads Creek“. Nicht nur die wenigen Häuser haben schon bessere Tage gesehen und erinnern eher an Ruinen. Abseits der Zivilisation und fern der Augen der Polizei haben sich die Dorfbewohner hier ihr ganz eigenes Leben aufgebaut, in dem offensichtlich auch Busladungen voller Einwanderer eine wichtige Rolle spielen. Allen voran steht die aufgedonnerte Apple (Helen Dallimore), nach deren Pfeife nicht nur ihr zurückgebliebener Sohn Eric (David Adlam) tanzt. Statt auf Hans‘ (Gary Sweet) Drohung zu hören und sofort wieder zu verschwinden, beschließen Norman und Annabelle, nach der Wahrheit zu forschen.
Welcome To Down Under
Dass abgelegene Provinzen mit alteingesessenen Familienclans gern mit allerlei Vorurteilen belegt sind, liefert dem Horrorgenre immer wieder genug Futter für abgedrehte Filme mit ordentlich Haudrauf und Unmengen an Blut. Das haben in der Vergangenheit schon Filme wie die „Wrong Turn“-reihe, „Texas Chainsaw Massacre“oder „Inbred“publikumswirksam gezeigt. Das Grundprinzip ist dabei schnell erklärt: Gut gelaunte Großstädter treffen auf eine Schar übellauniger Dorfbewohner, bei denen blutige Orgien, Kannibalismus oder Inzest, im „besten“Fall alles zusammen, nie weit hergeholt zu sein scheinen. Haben die noch recht jungen Eindringlinge dann erst einmal begriffen, was Sache ist, ist einer von ihnen bereits mit einem Bein in eine Falle getappt. „Two Heads Creek“erfindet damit nicht gerade das Rad neu, jedoch sind hier die fleischliebenden Dorfbewohner an die Falschen geraten. Denn besonders Drama-queen Annabelle ist nicht gerade zimperlich und erhält von ihrer Filmmutter Mary Pearce ordentlich Hilfe, die sie auch durchaus gebrauchen können. Schnell sind alle Augen auf sie gerichtet und die Mistgabeln gezückt. Allen voran das Hinterwäldler-it-girl Apple (Helen Dallimore) ist als schrille Wortführerin sofort bei der Sache. Nebenbei schafft sie es noch beim stetig stattfindenden Schlachtfest dem anheimelnden Publikum stimmgewaltig mit rockigen Beats zu ihrem Song „Horror Movie“einzuheizen. Helen Dallimore zeigt sich in Hochform und führt in ihrer Charakterrolle ihr Matriarchat mit eiserner Hand. Immerhin gilt es, das schöne Städtchen vor neugierigen Eindringlingen zu verteidigen.
Home Sweet Hell
In bester „Shaun Of The Dead“-manier startet „Two Heads Creek“in den ersten Minuten ins Post-brexit-england, in welchem Schilder frohen Mutes „Keep England English“verkünden. Und auch sonst lässt „Two Heads Creek“trotz nicht vorhandener Zimperlichkeit gern Spielraum für gesellschaftskritische Töne. Denn die Bewohner der Kleinstadt haben da ihre ganz eigene Methode entwickelt, mit Einwanderern umzugehen. Regisseur Jesse O’brien zeichnet in herrlich überspitzer Manier ein Bild rund um die Themen Familie und Fremdenfeindlichkeit, welche sich vom Anfang in der Metzgerei bis zum Ende wie ein roter Faden durch den Film ziehen. Auf diese Weise schafft es O’brien, dem Film trotz überdrehter Figuren eine unterschwellige Ernsthaftigkeit zu verleihen, die so sicherlich nicht zu erwarten gewesen ist. Steven Matusko, Produzent von „Better Watch Out“(2016) und „Bloody Hell“(2020), hat ebenfalls seine Finger im Spiel dieser tief britischen Komödie gehabt. Das dazugehörige Drehbuch hat Jordan Waller („Love and Friendship”, „Darkest Hour“) geliefert, welcher gleichzeitig die Rolle des Norman übernommen hat. Die Figuren an sich sind durch die Bank weg comichaft, abstoßend und stereotypisch. Allein Apples Sohn Eric beweist eindrucksvoll, dass bauchfreie Tops nun wirklich ein Statement für sich sind. Sicherlich gewinnen die einzelnen Figuren keinen Award für Charaktertiefe und Persönlichkeitsentwicklung, aber das ist ihnen auch herzlich egal und passt perfekt in die doch recht flache Handlung. In der Splatterkomödie geht es dann ab der zweiten Hälfte auch recht ordentlich zur Sache, zumindest wenn alle Gerätschaften ordnungsgemäß funktionieren und alle Stecker in der Steckdose sind. Ansonsten benötigt die Handlung etwas, um an Fahrt zu gewinnen und in den Horror-/splattersektor zu geraten. Hängt der Mittelteil noch etwas durch, wird in der Endphase alles genutzt, was als Waffe herhalten kann. Insofern ist eine Fsk-18-freigabe mehr als gerechtfertigt. Und selbst hier verlieren die Opfer nicht ihren tiefschwarzen Humor und ihren Hass auf andere. Schlussendlich findet die Familie immer einen Weg und lässt das Finale doch mit einigen Fragezeichen versehen.
Die Bildqualität lässt keine Fragen offen und besticht mit einer ordentlichen Schärfe, verliert aber im Bereich der Farbdarstellung. Der Ton ist auf der Uncut-version in DTS-HD MA 5.1 vorhanden und kann im Gegensatz zu dem Bonusmaterial von knapp einer Minute in englischer Originalvertonung mit deutschen Untertiteln überzeugen.