Der diskrete Charme der Bourgeoisie
Der spanische Regisseur Luis Buñuel ist der Begründer des filmischen Surrealismus. Sein Regie-erstlingswerk „Ein andalusischer Hund“von 1929 ist pures Erzählen in Bildern. In den 1950er Jahren wechselte der Spanier nach Frankreich über und kreierte Filme wie „Belle De Jour – Schöne des Tages“(1967), die sich thematisch gegen die angestaubten Werte der Gesellschaft
stellten. Auch „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“von 1972 hat sein Augenmerk auf dieses Thema gelegt. Inhaltlich handelt der Film von sechs Personen aus dem gehobenen Mittelstand, die sich in verschiedenen Episoden gegenseitig zum Essen einladen, aber bis es zum Ende nie schaffen, die Mahlzeit einzunehmen. Schon in seinem ersten Spielfilm „Das Goldene Zeitalter“von 1930 feiert eine Gruppe Geistlicher ein ausschweifendes Fest in einem exzentrischen Anwesen. In „Der Würgeengel“von 1961 kann eine Gruppe von Menschen nach dem Essen das Anwesen nicht mehr verlassen. Das Traumthema bleibt dabei immer dominant. Die Personen in diesen Geschichten sind stets in ihren angelernten Ritualen gefangen und können sie nicht überwinden.
Die zeitgeschichtliche Politik spielt in Buñuels Filmen eine große Rolle. Als Beispiel soll an dieser Stelle Fernando Rey genannt sein, der die Rolle des diplomatischen Botschafters – aus einem fiktiven, südländischen Staat namens Miranda – Don Rafael Acosta, spielt. Er verkörpert eine korrupte Fidel Castro-figur, mit der sich Buñuel den Themen Rebellen, Drogenschmuggel und flüchtigen Mitgliedern des Nazi-regimes auseinandersetzt. Viele hochrangige Nazis sind damals in Südamerika untergetaucht.