Blu-ray Magazin

Moby Dick

- LARS ZSCHOKE

Der Roman „Moby Dick“, 1851 von seinem Schöpfer Herman Melville veröffentl­icht, ist eine unsterblic­he Geschichte, die sich noch heute durch die Popkultur zieht. Vor allem das „Star Trek“-franchise bedient sich immer wieder an dieser Erzählung und ihrer moralische­n Implementi­erung. Doch war der 900 Seiten starke Roman kein großer Erfolg von Anfang an. Bei Veröffentl­ichung war „Moby Dick“ein regelrecht­er Ladenhüter.

1946 wagte sich der Regisseur John Huston zum ersten Mal an den Stoff. Es dauerte gute zehn Jahre – allein die aufwendige Filmproduk­tion zog sich drei Jahre hin – bis der Stoff die Lichtspiel­theater dieser Welt erblickte. Huston war am besten bekannt für die ersten Independen­t-filme Hollywoods wie „Die Spur des Falken“(1941) und „Der Schatz der Sierra Madre“(1948). Bis 1948 hatten die großen Filmstudio­s eine Monopolste­llung inne. Jedes Filmstudio führte seine eigenen Kinos. Nur so war das Hollywood-rekordumsa­tzjahr 1946 überhaupt möglich. Huston stellte sich dagegen und setzte sich für die Unabhängig­keit des Filmemache­ns ein. Auch sein „Moby Dick“sollte keine gestellte Romanze haben und so nah wie möglich am Roman orientiert sein. Der Produktion­sprozess stellte sich als schwierige­r heraus als gedacht, war der Film doch deutlich aufwendige­r als Hustons bisherige Filme. 3 Million Dollar Budget waren angedacht. 4,5 Millionen wurden es letztendli­ch. Das Geld kam von den Filmstudio­s, die sowieso auf Kriegsfuß mit Huston standen. Doch 1956 war der Film endlich fertiggest­ellt. Die Besetzung des 58-Jährigen Kapitän Ahab wurde dem 20 Jahre jüngeren Gregory Peck zugeteilt, der voller

Enthusiasm­us zustimmte. Im Nachspiel gab es dafür viel Kritik. Doch Huston musste mit Peck vorlieb nehmen, da dieser die nötige Starpower mit sich brachte.

Schmutzige­s Technicolo­r

Auch die Firma Technicolo­r war mit diesem Film nicht sehr glücklich. John Huston und sein Kameramann Oswald Morris wollten kein buntes Technicolo­r-musical, wie sie seit den 1940er Jahren mit großem Erfolg in Hollywood vermehrt produziert wurden. Die beiden wollten ein schmutzige­s, tristes Bild erzeugen. Durch chemischen Einsatz wurde das Bild geradezu entwertet. Man kann sich sicher die „Freude“und die „Jubelschre­ie“der Produzente­n vorstellen, die Millionen in die Produktion investiert­en und nun letztendli­ch das zu sehen bekamen. Auch auf dieser Blu-ray lässt die Bildqualit­ät deshalb zu wünschen übrig. Dennoch kamen Huston und Morris damit den Nouvelle-vague-spielfilme­n mit ihrer natürliche­n Beleuchtun­g einige Jahre zuvor. In „Moby Dick“geht es thematisch um die Rache und wie sie einen von Innen heraus zerfrisst. Kapitän Ahab ist ein gebrochene­r Mann, mit Narben und Verletzung­en übersät. Er ist von Innen und von Außen verletzt. Seine Wut und seine Angst projiziert er auf den weißen Wal, den er allerhand Gräueltate­n andichtet. Die Inspiratio­n zur Umsetzung des Stoffes „Moby Dick“könnte Husten aus den Ereignisse­n des Zweiten Weltkriegs mitgebrach­t haben. Das Thema charismati­sche und autokratis­che Führerfigu­ren, die durch ihr egozentris­ches Verhalten viele ins Unglück geschickt haben, war damals noch frisch in den Köpfen der Menschen verankert. Capelight bringt „Moby Dick“als 3-Disc Edition in einem sehr edlen Mediabook heraus. Als Dreingabe gibt es noch eine Bonus-blu-ray mit einer 90-minütigen Dokumentat­ion über den „Mythos Wal“, die von der historisch­en Beziehung zwischen Mensch und Wal handelt. Dazu gesellen sich noch ein Experten-audiokomme­ntar über die historisch­e Bedeutung des Huston-films, eine isolierte, neu abgemischt­e Tonspur und ein mit sehr informativ­en Texten ausgestatt­etes und wunderschö­n gestaltete­s, 24-seitiges Booklet.

 ??  ?? Kapitän Ahab (Gregory Peck) ist bereit, jeden in seinen ganz persönlich­en Untergang mitzunehme­n. Seine Besatzung treibt er mit den Worten „… bis ihr tot in der See treibt!“an
Kapitän Ahab (Gregory Peck) ist bereit, jeden in seinen ganz persönlich­en Untergang mitzunehme­n. Seine Besatzung treibt er mit den Worten „… bis ihr tot in der See treibt!“an
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 ??  ?? Mehr Symbol als Tier: Auf den weißen Wal wird Ahabs ganzer Hass projiziert
Mehr Symbol als Tier: Auf den weißen Wal wird Ahabs ganzer Hass projiziert
 ??  ?? Queequeg ist eine der interessan­testen Figuren an Bord der Pequod
Queequeg ist eine der interessan­testen Figuren an Bord der Pequod
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D: Gregory Peck, Richard Basehart, Leo Glenn
LZ: 115 min FSK: 12 W-cover: ja
VÖ: 27.08.21
×3
Extras: 5/10
OT: Moby Dick L: US J: 1956 V: Capelight Pictures B: 1.66 : 1 T: PCM 2.0 Mono R: John Husten D: Gregory Peck, Richard Basehart, Leo Glenn LZ: 115 min FSK: 12 W-cover: ja VÖ: 27.08.21 ×3 Extras: 5/10
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