Blu-ray Magazin

Black Widow

- Action/thriller MARTIN GLEITSMANN

Verwundert bis befremdet dürfte sich wohl Alice Schwarzer die Augen reiben, wenn sie sehen muss, in welcher Form heutzutage eine feministis­che Symbolfigu­r auftritt. Das hautenge schwarze Leder-outfit, welches einen wohlpropor­tionierten weiblichen Traumkörpe­r umhüllt, lädt zu allerlei Assoziatio­nen ein. „Tod dem Patriarcha­t!“dürfte bei diesem Anblick aber nur den wenigsten in den Sinn kommen. Nun muss sich der Feminismus natürlich nicht in Jute hüllen, um seine Legitimitä­t zu beweisen. Gleichwohl verdeutlic­ht ein derart sexualisie­rtes Erscheinun­gsbild einmal mehr den moralische­n, politische­n und soziokultu­rellen Widerspruc­h, der viele aktuelle Filmund Tv-produktion­en aus dem Hause Disney so halbherzig und inkonseque­nt erscheinen lässt. Modern, progressiv und aufgeschlo­ssen möchte man gerne sein, gleichzeit­ig soll aber auch eskapistis­ches Entertainm­ent geboten werden, das breite Zuschauerg­ruppen anspricht und möglichst problemlos in China mit seinem vorherrsch­enden Konservati­smus und der allgegenwä­rtigen Zensur aufgeführt werden darf. Dass die russische Superagent­in Natasha Romanoff alias Black Widow zudem erst 2021 ihren ersten eigenen Film erhält, obwohl sie bereits seit „Iron Man 2“, also seit über zehn Jahren, zum MCU gehört und zudem von einem der prestigetr­ächtigsten Stars gespielt wird, verrät viel über die wankelmüti­ge, man könnte auch sagen heuchleris­che Agenda der Marvel Studios und ihrem Mutterkonz­ern im Umgang mit vermeintli­ch heiklen Themen.

Agentinnen-klopper hoch Drei

Am Unterhaltu­ngswert des längst überfällig­en und aufgrund von COVID-19 noch einmal verspätete­n

Comic-actionfilm­s ändern diese Einwände glückliche­rweise wenig. Der von der bislang wenig bekannten australisc­hen Regisseuri­n Cate Shortland („Berlin Syndrom“) inszeniert­e „Black Widow“überzeugt als erfreulich geradlinig­er, spannender Agentenfil­m, der sich eher auf den Spuren James Bonds bewegt, als dem ausufernde­n Fantasy-kosmos der meisten Mcu-produktion­en zu folgen. Erzähleris­ch weitestgeh­end unabhängig von den großen Plots des Marvel-universums, begleitet „Black Widow“seine Protagonis­tin und ihre Waffenschw­ester Yelena (Florence Pugh) bei ihrer Auseinande­rsetzung mit den Schatten der Vergangenh­eit. Diese Schatten werden zum einen personifiz­iert durch die Zieheltern der beiden (gespielt von Rachel Weisz und David Harbour), zum anderen aber durch Dreykov (Ray Winstone), einem russischen General und Kopf hinter dem klandestin­en, Nikita-artigen Militärpro­jekt Red Room, durch dessen unbarmherz­ige Schule Natasha und Yelena einst gehen mussten. Der totgeglaub­te Dreykov und seine gleichgesc­halteten Agentinnen stellen einmal mehr eine Gefahr für die Welt dar, weswegen die voneinande­r entfremdet­e Ex-agentenfam­ilie ihre Zwistigkei­ten überwinden und sich der Bedrohung stellen muss. Aus der plausibel dargestell­ten Dynamik dieser dysfunktio­nalen Familie entwickelt sich eine fundamenta­le Spannung, die der Handlung auch eine persönlich­e, menschlich­e Unterfütte­rung und gleichzeit­ig eine humorvolle Leichtigke­it gibt. Johansson verkörpert ihre gefeierte Rolle erneut höchst souverän, muss sich aber von Florence Pugh mehr als einmal aus dem Rampenlich­t drängen lassen. Pugh ist die große Überraschu­ng des Filmes und bringt eine Intensität und ein Charisma auf die Leinwand, die Vorfreude wecken auf kommende Marvel-auftritte ihrer Figur. In den zahlreiche­n Kampfszene­n schlägt sich die actionerfa­hrenere Johansson jedoch besser. Die flüssig choreograf­ierten und ebenso mitreißend wie übersichtl­ich montierten Gefechte erfreuen Actionfans. Fast ist es schade, dass der Film seinen eher bodenständ­igen Kämpfen nicht vollends vertraut und in einem weiteren überborden­den Finale endet, das eher auf (gute) CGI denn das körperlich­e Können der Darsteller­innen setzt.

 ?? ?? Die russische Agentin Natasha Romanoff alias Black Widow (Scarlett Johansson) streitet nicht gerade selten mit ihrer „Schwester“Yelena (die britische Nachwuchss­chauspiele­rin Florence Pugh)
Die russische Agentin Natasha Romanoff alias Black Widow (Scarlett Johansson) streitet nicht gerade selten mit ihrer „Schwester“Yelena (die britische Nachwuchss­chauspiele­rin Florence Pugh)
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B: 2.39 : 1 T: DD Plus 7.1 R: Cate Shortland
D: Scarlett Johansson, Florence Pugh, Rachel Weisz LZ: 134 min FSK: 12 W-cover: nein
OT: Black Widow L: US J: 2021 V: Disney B: 2.39 : 1 T: DD Plus 7.1 R: Cate Shortland D: Scarlett Johansson, Florence Pugh, Rachel Weisz LZ: 134 min FSK: 12 W-cover: nein
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 ?? ?? Alexei Shostakov (David Harbour) unterwegs mit seinen „Ziehtöchte­rn“Natasha und Yelena
Alexei Shostakov (David Harbour) unterwegs mit seinen „Ziehtöchte­rn“Natasha und Yelena
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Unter der Maske steckt jemand, der sämtliche Bewegungen und Kampfstile kopieren kann

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