23 – Nichts ist so wie es scheint.
Drama/thriller
OT: 23 L: DE J: 1998 V: Turbine Media
B: 1.85 : 1 T: DTS-HD MA 5.1, DTS-HD MA 2.0
R: Hans-christian Schmid D: August Diehl, Fabian Busch, Dieter Landuris LZ: 99 min FSK: 12 W-cover: ja VÖ: 14.09.21 × 2 (inkl. DVD) Extras: 8,5/10
Der heute noch bekannte Hacker Karl Werner Lothar Koch (hier gespielt von August Diehl) wurde schon in seinen frühen 20ern Vollwaise. Da sein Vater Werner Lothar Koch gut als Redakteur bei der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“verdient hat, kann sich Sohnemann Koch nach dessen Ableben einen eigenen gebrauchten Wagen, eine kleine Wohnung und einen brandneuen Atari ST kaufen. Schon zu Lebzeiten seines Vaters hat Karl keine festen ideologischen Bezugspunkte. Inspiration für sein weiteres Leben erhält er durch die Buch-trilogie „Illuminatus!“von Robert Shea und Robert Anton Wilson. Dieses semi-historische Werk nimmt reale Fakten aus der menschlichen Kulturgeschichte und vermischt sie mit kurioser Fiktion. Doch der junge Karl hielt das alles für bare Münze. Der wahre Geheimbund der Illuminaten wurde am 1. Mai 1776 in Ingolstadt gegründet. Die „Erleuchteten“haben sich der Wissenschaft verschrieben. 1784 wurde der Orden unter den Vorwürfen staatsfeindlicher Tendenzen verboten. Ziel der Illuminaten war es von jeher, einen Freiraum zwischen Privatsphäre und Staat zu kreieren. Der Mensch soll frei über sich entscheiden können. Das schließt das Recht zum Selbstmord mit ein. Doch da der Orden sich in seinem Erscheinungsbild immer sehr geheimnisvoll gab, war er stets eine Projektionsfläche für allerlei Mythos. Das gilt auch für die titelgebende Zahl des Films, die 23. Auch dieses Element wurde von den beiden Autoren Shea und Wilson frei erfunden. Es stimmt, dass die Zahl 23 uns alle umgibt und das nicht nur als Quersumme. Aber dies ist ein natürliches Phänomen, da es sich bei der 2 und der 3 um die ersten beiden Primzahlen handelt. Man braucht nicht lange rechnen, um
eine von beiden zu erhalten. All das interessierte Karl Koch aber nicht. Er war fest davon von der Verschwörung der Illuminaten überzeugt.
Hacker, Tracker, Datenschlepper
Mitte der 1980er Jahre war der Heimcomputer bereits ein gesellschaftlich etabliertes Werkzeug. Der „Chaos Computer Club“wurde 1984 gegründet. Auch Karl Koch unterhielt Beziehungen zur Szene, nannte sich um in Hagbard (nach der Hauptfigur aus der „Illuminatus!“-trilogie) und gründete seinen ganz persönlichen Klub, der aber eine etwas radikalere Sichtweise vertrat. Da Karl zu diesem Zeitpunkt größtenteils arbeitslos war, wollte er mittels seiner Hacker-fähigkeiten Geld verdienen. So hackte er sich mit seiner Crew in das Pentagon. In Kalifornien bemerkte dies ein gewisser Clifford Stoll und legte digitale Fallen aus. Leider befindet sich im Bonusmaterial dieser Blu-ray-ausgabe nicht die Dokumentation „Der KGB, der Computer und ich“von 1990, die das Ganze aus Stolls Perspektive erzählt. Natürlich zieht so eine Leistung auch die Medien an. Der NDR und Der Spiegel fragten Karl Koch für Interviews an. Beim Spiegel wurde er blöderweise auch namentlich erwähnt, sodass sich die
Us-sicherheitsbehörden bereits um seine Person erkundigten. Koch und Co. prahlten auch öffentlich damit, sich in den Datenrechner des Kernkraftwerks Jülich eingehackt zu haben und die Brennstäbe manipulieren zu können. Das alles war eine große Lüge, wahrscheinlich um anzugeben oder als eine Art exzentrisches Bewerbungsverfahren. Am 23. Mai 1989 beging Karl Koch imer Alter von 23 Jahren – vermutlich – Selbstmord. Auch der Film möchte sich nicht zu einer eindeutigen Version bekennen. Karl litt zu diesem Zeitpunkt unter Drogensucht und Paranoia. Das Mediabook von Turbine Media bietet den Film auf Blu-ray und DVD. Auf der Blu-ray befindet sich eine halbe Stunde neues Interview-material in HD, aber auch die alten Dvd-extras mit dem Audiokommentar. Darüber hinaus bietet diese Ausgabe noch ein über 55 Seiten dickes Booklet mit allerhand Informationen über den Lebenslauf Kochs, seine Hacker-zeit, den Medienrummel und die Hintergründe zur Entstehung des Films.