Malasaña 32
Javier Botet hat es wieder getan und dieses Mal „glänzt“er sogar in zwei Rollen. Wer den sich verrenkenden Gruselmeister nicht kennt, braucht dringend Nachhilfe, was Horrorfilme anbelangt. Botet spielt in „Malasaña 32“nicht nur gleichzeitig den Vermieter, der das Haus des Bösen verwaltet, sondern schlurft auch barfuß mit ellenlangen Fingernägeln und langem schlohweißem Haar durch die Wohnungen 3a und 3b sowie den Keller des Altbauhauses im Herzen von Madrid. Botet sollte jedem Fan des Horror-genres ein Begriff sein, gruselt er doch als „Mama“im gleichnamigen Horrorfilm (2013), spielt in allen Teilen der „Rec-reihe“mit, verkörpert den „Slenderman“und darf natürlich auch in „Conjuring 2“und „Alien: Covenant“nicht fehlen. Bei dem spanischen Schauspieler wurde bereits in seinem fünften Lebensjahr das Marfahn-syndrom diagnostiziert, was für seinen großen, sehr schlanken Körper und seine extrem langen Gliedmaßen verantwortlich ist. Botet macht sich diese jedoch in den Horrorschockern zu Nutze und verrenkt sich und gruselt so schön
wie kaum ein Zweiter. Herzklopfen garantiert!
Gut geplanter Nervenkitzel und Klischees
Die sechsköpfige Familie Olmedo, bestehend aus Mutter Candela, ihrem pflegebedürftigen Vater, ihren beiden großen Kindern Pepe und Amparo sowie ihrem neuen Lebensgefährten Manolo und deren gemeinsamem Sohn Rafael, zieht nach Madrid in eine große Wohnung. Das Leben auf dem Land mussten sie aufgeben und sogar ein Kredit war nötig, um ihr neues Leben starten zu können. Doch kaum in der neuen Bleibe angekommen, fallen der Familie schnell viele kleine Merkwürdigkeiten auf: Die Fotos verändern dezent ihre Gesichtsausdrücke, kleine handgeschriebene Botschaften tauchen auf, elektrische Geräte schalten sich von allein an, das Licht flackert ständig und irgendwie fühlt sich niemand so richtig wohl in der neuen Wohnung, so als läge ein dunkler Schatten über der ganzen Familie. „Malasaña 32“versteht es, gelungen die Spannung durch den ganzen Film aufzubauen und am Leben zu erhalten. Der Grusel steigert sich gekonnt, was vor allem an der grandiosen Darstellung von Javier Botet, aber auch an den kleinen dezenten Gruseleinlagen liegt, die ihren Höhepunkt in einer Horrornacht nehmen, in der das übernatürliche Wesen alle Familienmitglieder gleichzeitig in verschiedenen Räumen terrorisiert. Selbst als „Supernatural“-fan und somit ausgebildeter Exorzist und Dämonenjäger muss man etwas rätseln bei diesem übernatürlichen Mischwesen. Erinnert die Gestalt, ihre Besessenheit von Kindern und die Abdrücke, die das Wesen hinterlässt, an eine Hexe? Oder spricht die Ortsgebundenheit für einen rachsüchtigen Geist, der unvollrichteter Dinge abgetreten ist, oder auch eine Art Poltergeist? Hier hätten sich die Filmemacher etwas mehr festlegen können. Was also machen, wenn man nicht weiß, womit man es zu tun hat (und man nicht die Durchwahl der Winchester-brüder hat)? Richtig, Leute befragen und sehen, was sich herausfinden lässt. So gekonnt die Spannung auch gesteigert wurde, ist das Finale jedoch etwas enttäuschend und lässt einen faden Beigeschmack zurück, bei einem ansonsten unter die Haut gehenden, spannenden Horrorfilm. „Malasaña 32“kommt leider ohne Bonusmaterial aus. Punkten können dafür die grandiose Optik und der raffinierte Sound. Das Bild ist oftmals düster, jedoch kontrastreich und fängt den Geist der 1970er Jahre überzeugend ein. Die scharfen Details fesseln die Zuschauer weiter gebannt an den Bildschirm. Auch vom Sound hätte man sich nicht mehr wünschen können. Die Klangqualität ist klar, die Räumlichkeit verfrachtet das Publikum direkt in die Horror-wohnung und die Dynamik verleiht eine Gänsehaut-garantie. Wer sich nicht an Splatter berauscht, sondern an gut gemachtem, die Psyche des Opfers zermürbendem Horror, für den ist „Malasaña 32“genau das Richtige.