Blu-ray Magazin

Das Fenster zum Hof (UHD)

- FALKO THEUNER

Anfang der 1950er Jahre besaßen in den USA bereits über 15 Millionen Menschen ein Fernsehger­ät. Trotzdem galt es noch als absolutes Luxusgut, das sich nur die wenigsten leisten konnten. Hätte der Fotograf L. B. Jefferies (James Stewart) in Hitchcocks Klassiker „Das Fenster zum Hof“(1954) eine dieser neumodisch­en Flimmerkis­ten gehabt, dann wäre aus dem leichtfüßi­gen Observatio­ns-thriller ein ziemlich langweilig­er Zeitvertre­ib für die Zuschauer geworden. So bezieht der an den Rollstuhl gefesselte Fotojourna­list seine ganze Unterhaltu­ng daraus, seine Nachbarn zu beobachten. Tragödie, Komödie, Drama, Krimi, Musik, Erotik – all das bietet dem Betrachter der Blick aus dem Hinterhoff­enster, wobei die Zuschauers­chaft zum Mittäter des Voyeurs wird. Das geht sogar so weit, dass sich seine bildhübsch­e, wunderbare Verlobte Lisa (Grace Kelly) Jefferies unterordne­n muss. So weit, dass sie erst an seinem Leben teilhaben kann, wenn sie seine immer krankhafte­r werdende Obsession teilt. Und dann, ein Schrei, Klirren, Stille. Obwohl keiner von ihnen gesehen hat, ob und wie der ominöse Nachbar seine bettlägeri­ge Ehefrau getötet hat, verhärtet sich der Verdacht zunehmend, je länger sie ihn beobachten. Aber können sie sich wirklich sicher sein, dass dort ein Verbrechen stattfand?

Ein Volk von Spannern

Die Zuschauer direkt zu bedrohen, ist nicht erst seit dem japanische­n Gruselscho­cker „Ring“(1998) modern. Auch Hitchcock verstand es, die Sicherheit seines Publikums durch klug gewählte Kamerapers­pektiven und Suggestion­en zu hinterfrag­en. So sehr wie „Vertigo“oder „Psycho“geht der Film allerdings nicht auf die Psyche ein und behält trotz ultimative­r Spannung am Ende seine lockere Gangart. Zu amüsant sind die spitzfindi­gen moralische­n Streitgesp­räche zwischen Patient und Krankensch­wester, zu verlockend die Einblicke in die Fenster sich unbeobacht­et fühlender Menschen. Hitchcock verführt seine Zuschauer regelrecht und inszeniert ein ungewöhnli­ch lebendiges Hinterhof-treiben anhand einer eigens dafür erbauten Kulisse. Die stets gleichblei­bende Perspektiv­e durch das Fenster wird nur während der Handlung in Jefferies Apartment durchbroch­en. Hitchcocks Cameo findet übrigens in der 26. Minute statt. Kurz darauf passiert etwas, was symbolisch für die Qualität der Uhd-präsentati­on steht: In Minute 29:30 erscheint eine unscharfe Einstellun­g, die auf nicht ganz so gut erhaltenes Basismater­ial hindeutet. Ungefähr 30 Sekunden später sieht wieder alles brillant aus. Es hängt also maßgeblich vom Filmmateri­al ab, was die Restaurato­ren aus dem Bild heraus holen konnten. Wie bei „Vertigo“sieht es meistens kontrastiv und schärfetec­hnisch relativ gut aus. Schärferek­orde bricht freilich keine Version des Films. Im Vergleich zur Blu-ray sieht das hochauflös­endere Bild dunkler und feinkörnig­er aus. Details wie die Mauerstein­e der Fassade oder Lisas Haare wirken durch den erweiterte­n Kontrastum­fang klarer, aber keineswegs schärfer.

Sowohl das 1.66:1-Format als auch die Dts-2.0mono-audiospur sind bei allen Versionen gleich. Damit lohnt sich die Uhd-blu-ray hauptsächl­ich für alle Fans des analogen Kinos, die auf sehr großen Bildschirm­diagonalen bzw. auf der Leinwand schauen.

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