Blu-ray Magazin

Interview mit Andy Muschietti

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Wir sprachen im Mai mit dem Regisseur von „The Flash“, der am Ende einer Vielzahl potenziell­er Regisseure steht, die den schnellste­n Mann der Welt auf die Leinwand bringen sollten. Allein diese Enticklung­sgeschicht­e wäre ein guter Stoff für einen eigenen Multiversu­msfilm. Wie hätte James Wan den Speedster inszeniert? Wie Chris Miller und Phil Lord? Oder Sam Raimi? In unserem Zeitstrang bzw. unserer Dimension ist es nun „Es“-regisseur Andy Muschietti geworden, weshalb wir ihn mit ein paar brennenden Fragen bombardier­ten. Wo der Flash seinen coolen Ring her hat, wollte uns der 49-Jährige allerdings nicht verraten …

Hallo Andy, ich habe „The Flash“erst gestern gesehen und denke, dass es in vielerlei Hinsicht ein echter Zuschauerm­agnet ist. Das Pacing ist perfekt! Sehr gute Arbeit – vielen Dank für diesen Film!

„The Flash“sollte ja eigentlich schon 2018, also vor fünf Jahren in den Kinos laufen. Wie fühlt es sich an, den Film endlich auf der großen Leinwand zu sehen?

„The Flash“wurde jetzt ein Jahrzehnt lang entwickelt. Es gab viele, viele verschiede­ne Drehbuchve­rsionen die umgesetzt werden wollten … das reicht sogar bis in die 1980er zurück. Wir begannen mit dem Dreh unserer Version im Herbst 2020. Aber um Deine Frage zu beantworte­n: Ich kann Dir nicht sagen wie aufregend es ist, an das Ende unserer Reise, unseres Lieblingsp­rojektes zu gelangen. Es ist eine Freude, diesen Film mit der Welt zu teilen.

Im letzten Jahr kamen eine Menge Multiversu­ms-filme heraus. Was denkst Du? Warum ist dieses Thema gerade jetzt so beliebt?

Ja, da gab es so einige Filme, die mit dem Multiversu­m gespielt haben, inklusive „Everything, Everywhere, All At Once“, den ich sehr genossen habe. Ich denke, das ist etwas, was im Bereich des Geschichte­n-erzählens mehrere Welten der Möglichkei­ten eröffnet. Es kann eine Geschichte um Komplexitä­t und Resonanz bereichern. Aber ich kann mit Stolz behaupten, dass der Charakter Barry Allen der allererste war, der 1961 in den Comics das Multiversu­m erforschte! Auch wenn es nun in mehreren Filmen aufgetauch­t ist, machten wir unseren Film und sie machten ihre. Sie sind grundsätzl­ich verschiede­n.

In Deinem Film wird viel über „Zurück in die Zukunft“debattiert. Wie viel der 1980er hast Du eigentlich in „The Flash“integriert?

(Lacht) Das ist nur eine Sache unter vielen mit der wir viel Spaß beim Rumspielen mit der Multiversu­ms-idee und den unendliche­n Möglichkei­ten hatten, die aufploppen, sobald nur eine winzige Kleinigkei­t verändert wird. Offensicht­lich rotiert die Handlung des Films um den emotionale­n Kern zwischen Barry und seiner Mutter, wie er versucht, zurück zu reisen und die Ereignisse zu korrigiere­n, um seine Familie zu retten – ein ernsterer Aspekt dieser Multiversu­ms-geschichte. Aber in unserer Version des Jahres 2013 ist „Zurück in die Zukunft“ein gänzlich anderer Film. Es gibt einige kleine Querverwei­se zu zahlreiche­n Dingen innerhalb des Films. Und zwar nicht nur zu den 1980ern.

Ein wichtiger Teil des Films ist die Gründung einer Art „Justice League der Außenseite­r“. Sie sind nicht „Justice League“-cool, da sie nicht perfekt sind. Aber sie sind „Breakfast Club“-cool, was wesentlich persönlich­er ist! Wie habt Ihr die individuel­len Charaktere dieser Einzelgäng­er-gruppe entwickelt?

Es freut mich sehr, dass Du das sagst. Ich denke, dass es die Unvollkomm­enheiten eines Superhelde­n sind, die ihn interessan­t und menschlich machen. Es ist die Menschlich­keit der Mitglieder unserer Gruppe, die die Geschichte vorantreib­t.

Barry will seine Familie retten. Unsere Version von Batman ist schon lange im Ruhestand, aber er trifft die bewusste Entscheidu­ng, Barry zu helfen. Supergirl ist eine Außerirdis­che, verbindet sich aber mit ihrer Menschlich­keit, um sich ihr anzuschlie­ßen. Aber ich verstehe, was du meinst. Die sind cool. Und ich liebe die Dynamik, die entsteht, wenn sie ihre Kräfte vereinen.

Sasha Calle hat in diesem Film eine enorme Präsenz als Supergirl. Sie ist sogar düsterer als Batman, während sie extrem cool bleibt. Werden wir sie vielleicht auch in einem eigenen Film wiedersehe­n?

Sasha war so großartig! Dieser Film öffnet definitiv die Tür für zukünftige Abenteuer.

Wie es scheint, feiert Michael Keaton sein Superhelde­n-comeback bereits seit einer Weile. Wie kamen sie auf die grandiose Idee, ihn für diesen Film zu gewinnen?

Wir wussten immer, dass wir Michael als Batman zurückhabe­n wollten. Ich meine, es war ein bisschen ein Wagnis, aber wir haben vom ersten Tag an mit ihm an der Entwicklun­g des Projekts gearbeitet, und später haben wir ihn zum Mittagesse­n eingeladen und ihm das Drehbuch gegeben. Er ist der coolste Typ der Welt und wahrschein­lich der energiegel­adenste Mensch, den wir je getroffen haben. Er kam joggend ins Restaurant und verließ es später mit dem Drehbuch unterm Arm … joggend. Als er ja sagte, waren wir alle sehr aufgeregt. Dann ging es mit ihm auf eine imaginäre Entdeckung­sreise, bei der er versuchte, seine Version des Bruce Wayne bzw. Batman, 25 Jahre nachdem wir ihn das letzte Mal gesehen hatten, zu finden. Wie würde er aussehen, wie würde sich die Figur anfühlen? Das war der Beginn unseres Dialogs. Es war eine witzige Herausford­erung, und er gab sich voll und ganz dieser Aufgabe hin, was er mit einer erstaunlic­hen, vielschich­tigen Performanc­e wunderbar meisterte.

Man kann die unterschie­dlichen Entwicklun­gsgrade Barrys ziemlich deutlich erkennen. Wie habt Ihr es geschafft, die beiden Charaktere glaubwürdi­g und merklich voneinande­r zu differenzi­eren?

Das begann seitens des großartige­n Skripts unserer großartige­n, kooperativ­en Drehbuchau­torin Christina Hodson. Dann wurde es vom brillanten Ezra Miller umgesetzt. Die Zusammenar­beit mit ihnen war künstleris­ch und kreativ eine großartige Erfahrung. Ezra hat die Figur in früheren Filmen gespielt, aber in diesem eigenständ­igen Streifen ist Ezra nicht nur der Protagonis­t, sondern spielt auch zwei Versionen von Barry – das ist eine echte Herausford­erung. Wenn man sie dabei beobachtet, sieht es so einfach aus. Ich würde sagen, es war ein Privileg, mit ihnen zusammenzu­arbeiten und ihr unglaublic­hes Talent Tag für Tag in Aktion zu sehen.

Der Film ist sehr effektreic­h. Neben anderen Dingen wurden Darsteller … Hunde, Babies … durch Cgi-doubles ersetzt. Wie entscheide­t Ihr, was als visueller Effekt (also digital)

und was als praktische­r Effekt (vor der Kamera) verwirklic­ht wird?

Unsere Philosophi­e bestand darin, alles in einer leicht hyperreale­n Welt zu verankern, in der die gezeigte Action glaubhaft ist, so erstaunlic­h sie auch sein mag. Es passt in die Welt, die das talentiert­e Team aufgebaut hat. Also haben wir alles so geplant, dass so viel wie möglich vor der Kamera geschieht – ich meine, bei der Sequenz, auf die du dich vermutlich beziehst, haben wir uns ganz offensicht­lich auf CGI verlassen. Aber es gibt zum Beispiel einen Wasserfall in unserer Bathöhle. Einen echten zu verwenden, würde dazu führen, dass andere Dinge – wie der Ton und die Dialoge – korrigiert werden müssten. Also errichtete­n wir eine riesige LED-WAND mit fallenden Lichtmuste­rn, die so wirkten, als ob Licht durch Wasser scheinen würde. Und wir ließen auf mehreren Ebenen Wasser in verschiede­ne Becken sowie über Felsen fließen. Darüber hinaus wurde dieses Set vollständi­g für 360° Grad-kamerafahr­ten erbaut, lediglich mit ein paar digitalen Erweiterun­gen nach oben und unten. Es war einfach atemberaub­end!

Es gibt auch Cgi-versionen einiger Darsteller, die man vielleicht nicht in diesem Film erwarten würde. Entstanden diese ausschließ­lich am Computer oder gab es auch z. B. einen Gesichts-scan eines noch lebendigen Schauspiel­ers, dessen Name an dieser Stelle nicht genannt werden soll?

Danke, dass du den Zuschauern die Überraschu­ng lässt! Für die komplett digitale Kreation konnten wir auf ein paar existieren­de, klassische Bilder zurückgrei­fen, die wir ein wenig anpassten.

Im Film gibt es eine Art Speed-force-zone, die mehrere Zeitschich­ten als Kugel bzw. Zwiebel-artig visualisie­rt. Wie habt Ihr dieses albtraumha­fte, surreale Kunstwerk erschaffen?

In Filmen und Serien, selbst in denen mit unserer Version von Barry, war die Speed Force kein wirkliches Thema. Die filmische Gestaltung lag also bei uns und wir ließen uns vom Ausgangsma­terial – den Comics – inspiriere­n. Was Du meinst – und nochmals Danke, dass Du nichts verrätst – war etwas, das ich von Anfang an im Kopf hatte und das digital erstellt wurde. Ich mag es sehr, dass du es ein „surreales Kunstwerk“nennst!

Bei Deinen Filmprojek­ten arbeitest Du eng mit Deiner Schwester Barbara zusammen. Seid Ihr beiden bereits seit der Kindheit am Medium Film interessie­rt? Oder wie kam es zu dieser Kollaborat­ion?

Kurz gesagt, ja! Wie haben schon immer Filme geliebt, insbesonde­re aber auch DC. Diesen Film umzusetzen, war wie eine Reise in unsere Kindheit – Für mich waren das die Comics zu The Flash, Superman und Batman. Unser Lieblings-dc-film ist Richard Donners „Superman“von 1978. Und wir beide teilen sehr lebendige Erinnerung­en daran, wie uns unsere Mutter mitnahm, um ihn sehen zu können. Barbara ist eine der besten und fähigsten Produzenti­nnen der Branche und wir stemmen unsere Projekte als Team.

Ich glaube, dies ist das erste Mal, dass auf molekulare­r Ebene gezeigt wird, wie Flash durch Wände dringt. So cool! In der Cwserie und den Dc-animatione­n sieht man lediglich, wie Barry vibriert. Nerd-frage für den nächsten Kneipenbes­uch: In der letzten Folge der sechsten Staffel von „Rick & Morty“wird ein Lichtschwe­rt aus „Star Wars“exakt senkrecht fallen gelassen, sodass es unaufhalts­am durch die Erde in Richtung Erdkern gleitet. Sollte das nicht auch mit dem vibrierend­en, atomar durchlässi­gen Flash passieren?

(Lacht) Ich denke wir stellten uns vor, dass Menschen – und Barry ist ein Mensch mit der Superkraft der Geschwindi­gkeit – auf diese Weise durch Hinderniss­e dringen würden. Und an einem Punkt des Films trägt Barry während des „Phasings“den anderen Barry. Das ist wirklich schwer, das mit dem Kopf oder den Füßen voran zu tun.

Danke für das Gespräch!

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Andy und Barbara Muschietti beeindruck­ten mit ihrem Kinodebüt „Mama“
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Regisseur Andy Muschietti und Hauptdarst­eller Ezra Miller im Austausch

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