Furioza – In den Fängen der Hooligans
In der städtischen Bahn wird Dawid (Mateusz Banasiuk) Zeuge übergriffiger Hooligans und verbirgt sich ängstlich vor den Blicken der Gewalttäter, während die Angehörige eines Opfers verzweifelt versucht, Zivilcourage in ihm zu wecken. Als sich der bedrohlichste Schläger, Golden (Mateusz Damiecki), ihm gegenübersetzt und scheinbar nach einem Gewaltvorwand suchend nach Dawids Gesinnung fragt, meidet dieser noch ängstlicher jeden Blickkontakt und versucht jeglichen Mutterboden für Gewalt durch seine Passivität zu mindern. Was auf den ersten Blick wie ein Handeln aus der Furcht heraus erscheint, stellt sich als ein viel tiefgreifender Konflikt heraus, denn Dawid gehörte vor einem knappen Jahrzehnt selbst noch der Hooligan-szene an.
Drei frühere Freunde
Die polnische Miniserie setzt auf eine Authentizität wie sie im Mafia-serien-bereich beispielsweise „Gomorrha“schon zu ihrem Markenzeichen machte. Die Optik, die Musik und der Aufbau der Charaktere könnte glatt von den selben Machern stammen. Doch Hooligans sind tatsächlich noch ein etwas anderer Bereich als das organisierte Verbrechen. Selbst wenn die beiden Szenen relativ nahe beieinander sind und gewisse Schnittmengen vorzeigen können, folgen die hier gezeigten Männer im weitesten Sinne einem Ehrenkodex, um das Image ihrer „Furioza 97“-Organisation auf- beziehungsweise weiter auszubauen. Das tun sie beispielsweise in einer Art „Fight Clubs“oder auch in groß angelegten Schlägereien, die abseits m Wald stattfinden. Neben dem Allgemeinmediziner Dawid, dessen Bruder Kaszub (Wojciech Zielinski) der Anführer des „Furioza 97“-Clans ist, folgt die Serie auch der Polizistin Dzika (Weronika Ksiazkiewicz), die früher einmal über ihren Ex, ebenjene Hauptfigur Dawid, und ihren Bruder quasi in der Hooligan-szene aufgewachsen ist. Nun benötigt sie Dawids Hilfe, um „Furioza 97“undercover zu infiltrieren und Kaszub aus dem Schussfeld der Staatsgewalt zu ziehen. Diese hat es unter anderem auf dessen Konkurrenten „Antman“abgesehen und hat vor den Wahlen ein großes Interesse daran, möglichst schnell Erfolge vorzuweisen. Dabei ist es nahezu egal, mit welchen Mitteln dieses Ziel verwirklicht wird.
Gewalt und Image
Die „Extended Mini-series“umfasst vier erweiterte Episoden mit insgesamt sehr guten deutschen Sprecherinnen und Sprechern. Zudem überrascht „Furioza – In den Fängen der Hooligans“mit Momenten, in denen das Publikum sogar das Adrenalin zu spüren scheint, dabei Sympathien zu den Hooligans aufbaut und mit ihnen tatsächlich mitfiebert, um auf der anderen Seite zu hoffen, dass Undercover-ermittlerin Dzika mit ihren polizeilichen Bemühungen Erfolg hat. Durch die diversen privaten Verbandelungen zwischen den Charakteren und die „sportlichen“Konfrontationen, nach denen sich die Kontrahenten auch mal gegenseitig wieder aufhelfen, werden die Gewalttäter vor den Augen der Zuschauer wieder zu Menschen. Ist das Vertrauen erst aufgebaut, wartet allerdings schon wieder die nächste sinnlose Brutalität auf das Drama – wodurch der Romantisierung und „Verbrüderung“mit der Hooligan-szene erfolgreich entgegengewirkt wird.
Ein Geheimtipp
Auch, dass Dawid als Perspektivgeber durchaus Ängste durchstehen muss, wenn es um die Gewaltanwendung in Schlägereien geht, erdet das Drama deutlich. Stempeln ihn seine Kollegen als Feigling ab, was als schädlich fürs gesamte „Furioza“-image gewertet wird, merken Kaszub und seine Jungs alsbald, dass es vielleicht doch ganz praktisch sein kann, einen ausgebildeten Arzt in der Mannschaft zu haben. Und so lässt sich die Miniserie eindeutig als Geheimtipp einstufen, der sowohl Neueinsteiger in seinen Bann ziehen wird als auch Kenner von Streifen wie der britischen Reihe „Hooligans“, die 2005 mit Elijah Wood und Charlie Hunman startete und 2009 mit „Hooligans 2 – Stand Your Ground“und später 2013 mit „Hooligans 3 – Never Back Down“zwei Fortsetzungen nach sich zog. Selbiges gilt für alle, bei denen „American History X“(1998) und die mittlerweile fünfteilige Reihe „Rise Of The Footsoldier“Eindruck hinterlassen hat.