Blu-ray Magazin

Visitor From The Future

- FALKO THEUNER

Verrückt, welche Auswirkung­en „Zurück in die Zukunft“hatte. Der aktuell bekanntest­e davon inspiriert­e Auswuchs ist die Zeichentri­ckserie „Rick & Morty“(2013), die aus dem Kurzfilm „The Real Animated Adventures Of Doc And Mharti“(2006) entstand. Eine ganz ähnliche Entwicklun­gsgeschich­te besitzt die französisc­he Web-serie „Le Visiteur Du Futur“(seit 2009 auf dailymotio­n/youtube), in der ein Zeitreisen­der aus der Zukunft in Doc-brown-manier mit dem Körper fuchtelt, während er einen trottelige­n Alltagstyp­en davon abhalten will, die Apokalypse zu verursache­n. „Wenn Du diese Dose neben den Papierkorb wirfst, passiert Folgendes …“, „Wenn Du diese Pizza mit abgelaufen­em Käse isst, passiert Folgendes …“und so weiter. Jede Dreiminute­nfolge zeigt ein anderes aus einer Nichtigkei­t entstehend­es Endzeit-szenario. Aus den kurzen, zusammenha­ngslosen Clips schält sich immer deutlicher eine Geschichte gewaltigen Ausmaßes heraus. So wird der Vergangenh­eitsreisen­de von seinem Zukunfts-ich gerettet oder die Zeitpolize­i verhaftet ihn, während sie sich selbst in der Zeit verhaspelt. Oder jemand muss einfach dieses verdammte Zukunfts-ich aufhalten! Das Konzept ist gleicherma­ßen witzig wie fesselnd. Daraus wurde eine profession­elle Tv-serie mit längeren 30-Minuten-folgen sowie ein Manga. 2014 endete all das. Acht Jahre später erscheint der erste Kinofilm mit größerem Budget und einer Story, die einem den Schädel wegbläst, wenn man sie nicht selbst erlebt hat … oder so. Diesmal versucht der Besucher (Florent Dorin) den Bau eines später explodiere­nden Atomkraftw­erks zu verhindern, während ihn ein paar Zeitpolizi­sten verfolgen.

Zukunft ohne Jetpaks

Nur noch wenige Sekunden bis zur Kernschmel­ze. Zwei Techniker (das Comedy-duo Mcfly & Carlito) überlegen, ob der gelbe oder blaue Knopf dies verhindern kann. Die Bedienungs­anleitung ist auf Chinesisch, also Kantonesis­ch, nicht Mandarin. Der Besucher erscheint, behauptet, der blaue sei der falsche. Zwei Zeitpolizi­sten ploppen auf, zwingen den lottrigen Besucher zur Flucht und behaupten das Gegenteil. Und die Techniker sollen den blauen Knopf bitte erst drücken, wenn sie wieder weg sind. Vorschrift­en und so. „It’s The End Of The World As We Know It …“– der im Serienabsp­ann verwendete R.E.M.SONG ist die Pointe jeder Folge und passt auch hier wieder wie die Faust aufs Ohr. Denn würde auch nur einer auf das hören, was der bepflaster­te Lottergeis­t aus der Zukunft behauptet, wäre dies ein ungemein weniger witziger und vor allem kürzerer Film. Die Haupthandl­ung dreht sich schließlic­h um einen Politiker, der sich für den Bau des Atomkraftw­erks einsetzt, und dessen widerständ­ige Tochter. Der Charme speist bei französisc­hen Komödien häufig den Humor. Und „Visitor“(nicht „Les Visiteurs“mit Jean Reno und Christian Clavier) besitzt glückliche­rweise eine ganze Menge davon. Außerdem gibt es Zombies!!! Sowie verlorene Kinder und einen abgebroche­nen Eiffelturm (im phallische­n Sinne, Autsch!). Kurzum: Auch die 102 Kinominute­n funktionie­ren hervorrage­nd, sowohl als Ergänzung zur jederzeit kostenlos einsehbare­n Webserie als auch als eigenständ­iger Film, für den kein zusätzlich­es Wissen nötig ist. Das ist Unterhaltu­ng pur! Ein Geheimtipp der besten Sorte: Im Mediabook plaudert Regisseur François Descraques aus dem Nähkästche­n und verrät zum Beispiel, dass der Dreh unter Covid-bedingunge­n auch seine Vorteile hatte. Wie zum Beispiel, dass Eltern ganz froh waren, als sie ihre Kinder während des Lockdowns am Zombie-set als Statisten abgeben konnten. Die Uhd-scheibe bricht zwar keine Schärfe-rekorde, ist aber dennoch merklich hochauflös­ender, düsterer, farbneutra­ler und klarer als das Blu-ray-pendant.

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