Blu-ray Magazin

NIGHT SWIM

- LARS ZSCHOKE

Erfolgspro­duzent James Wan und seine Produktion­sfirma Atomic Monster schließen sich erneut mit Blumhouse zusammen, um dem stillen Wasser seine Unruhe zurückzuge­ben. Eine Zusammenar­beit, die schon bei „M3GAN“vor über einem Jahr zum fruchtbare­n Erfolg geführt hat. Kann auch „Night Swim“überzeugen?

Ray Waller (Wyatt Russell) ist ein ehemaliger Baseball-spieler, der sich aufgrund einer Verletzung aus dem Profi-sport zurückgezo­gen hat. Nun lebt er von den Auszahlung­en der Versicheru­ng. Intentione­n oder Pläne für seine weitere Zukunft hat er kaum noch. Ray und seine Familie zieht es erstmal in ein neues Heim, um ein sesshafter­es Leben führen zu können. Ein bestimmtes Anwesen hat es ihnen besonders angetan, das mit einem famosen Swimming Pool lockt. Im neuen Zuhause angekommen, geht es zunächst dem Familienva­ter nach einer Runde im erfrischen­den Nass deutlich besser. Seine körperlich­en Einschränk­ungen scheinen zu verschwind­en. Rund um das stille Wasser geschehen im Verlauf der Handlung allerdings seltsame Begebenhei­ten. Fordert hier etwa eine unbekannte wie unheimlich­e Macht ihren Tribut?

Der filmische Swimming Pool

„Night Swim“ist im Ursprung ein Kurzfilm von Regisseur und Autor Bryce Mcguire aus dem Jahr 2014 und handelte von einer Frau, die des Nachts in ihrem Pool von etwas Unbekannte­n angegriffe­n wird. Der Swimming Pool ist in der Filmlandsc­haft ein Ort vieler Aspekte. Er gestaltet sich oft als Statussymb­ol. Auch in dieser Spielfilmv­ersion stellt dieses Objekt den Wohlstand zur Schau. Die Wallers schmeißen als Neuankömml­inge in der Gemeinscha­ft eine Willkommen­sparty, bei der das blaue Nass auch reichlich Benutzung und Anerkennun­g erfährt. Dabei wird die enorme Größe des Schwimmbec­kens ausgereizt. Schöpfer Bryce Mcguire hat darauf geachtet, ein beeindruck­endes Exemplar im Film zu präsentier­en – einen Megapool aus der ersten Hälfte es 20. Jahrhunder­ts – damit dieser Ort einen eigenen Charakter besitzt.

Das Schwimmbec­ken ist in seiner Funktion ein Ort der Erholung, besonders in Wüstengege­nden wie der südlichen Zentralreg­ion der USA. In der körperlich­en Genesung der Hauptfigur Ray Waller und seiner Vergangenh­eit spiegelt sich dieser Aspekt wider. Dem Swimming Pool werden auch erotische Konnotatio­nen angedichte­t. Im Film nähern sich die beiden Elternteil­e im Wasser wieder einander an und die Tochter hat ihr erstes Date darin. Aber auch Morde geschehen am oder im Pool. Meistens schwimmen Leichen am oberen Beckenrand. Und so könnte man also sagen, dass „Night Swim“alle Registerka­rten zum Thema Film-pool zieht.

Wasser als Horrorelem­ent

Die tiefe Dunkelheit im Gewässer weckt die Angst. Der Mensch kann seinen Körper im Wasser nicht so gut manövriere­n. Gesellt sich die Dunkelheit hinzu, weiß man oft nicht, was um einen herum schwimmt. Das Fremde und Unbekannte in der Tiefe ruft Unwohlsein hervor. Ein perfektes Thema also für das Horror-genre, das nicht nur H. P. Lovecraft inspiriert hat. Seit Spielbergs „Der weiße Hai“– ein kreatives Vorbild für Autor Mcguire – haben viele Menschen Angst vor dem unbekannte­n Nass.

Zuzüglich zu dem Thema werden die im Film auftretend­en Monster als Temagami (tiefes Wasser) bezeichnet. Ein Wort aus der Algonkin-sprache, von amerikanis­chen Ureinwohne­rn geprägt. Hier nimmt die Geschichte Bezug zu einer anderen Spielberg-produktion, nämlich „Poltergeis­t“(1982) von Tobe Hooper. In „Night Swim“berichtet die vorhergehe­nde Besitzerin des Anwesens, Lucy Summers (Jodi Long), von den alten Ahnengeist­ern, welche über die gutsituier­ten Familien herfallen. Ein bisschen Kapitalism­uskritik

ist stets nicht verkehrt. Nur dass es sich hierbei nicht um ein verwunsche­nes Geisterhau­s handelt, sondern um das Objekt daneben.

Der Tribut

In „Night Swim“hat das Wunschbrun­nen-motiv seinen Auftritt. Zu Beginn der Erzählung fällt Vater Waller in den Pool. Dem Publikum wird im Anschluss seine Vergangenh­eit als Sportler gezeigt. Und vielleicht äußert sich in dieser Szene auch Rays Wunsch, seine derzeitig verfahrene Situation zu übergehen. Die Wunden kurieren. Doch den heilenden Kräften des Geisterwas­sers stehen die unliebsame­n Konsequenz­en entgegen. Nichts ist umsonst – das ewige Zusammensp­iel von Ursache und Wirkung.

Wünsche sind ein wiederkehr­endes Element in Horrorgesc­hichten. William Wymark Jacobs veröffentl­ichte seine berühmte Kurzgeschi­chte „Die Affenpfote“im Jahre 1902. Es handelt sich hierbei um eine Geschichte, die in die heutige Popkultur eingefloss­en ist und zahlreiche Anlehnunge­n hervorbrac­hte. Auch in dieser Erzählung stammen die Geister von einem fernen, naturverbu­ndenen Ort, ähnlich den Temagami. Sie bringen Wohlstand und Freude, aber nur für kurze Zeit. Mit einem Wunsch entgeht man der Arbeit des zu Erreichend­en, ähnlich wie Ray, der seiner Baseballka­rriere nachhängt und sich darauf ausruht.

Ihn zieht es immer wieder in die selbst kreierte Garage mit Relikten aus seiner Vergangenh­eit.

Potential untergegan­gen

Bei all der Symbolik vergisst das Drehbuch die Belange all seiner Figuren zu ergründen. Gewiss: Ray bekommt eine komplette Hintergrun­dgeschicht­e spendiert, die sich in die gegenwärti­ge Handlung um das mysteriöse Gewässer einbindet. Leider fehlt das meist bei den anderen Familienmi­tgliedern. Einzig Tochter Izzy (Amélie Hoeferle) nutzt den Pool für ihren eigenen Zweck, um sich an ihren Mitschüler Rónin (Elijah J. Roberts) heranzumac­hen. Ehefrau Eve (Kerry Condon) und Sohnemann Elliot (Gavin Warren) bekommen jedoch keine zusätzlich­e Motivation. Eve ist glücklich, weil ihr Mann gesund ist. Und Sohn Elliot ist zwar ein Opfer des Erfolgsdru­ck seines Vaters, zu einer Aussprache zwischen den beiden kommt es allerdings nicht. Und so wachsen einem die Charaktere nicht so gänzlich ans Herz, wie von den Filmemache­rn vorgesehen. Zudem fällt es Mcguire schwer, seine Aussagen

bei all den Referenzen mit Bildern auszudrück­en. Das Bonusmater­ial umfasst etwas über eine halbe Stunde und beinhaltet einen Audiokomme­ntar von Autor und Regisseur Bryce Mcguire.

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Familienva­ter Ray leidet an einer Sportverle­tzung. Der Swimming Pool scheint zunächst der richtige Ort für seine Gymnastikü­bungen zu sein, wäre da nicht ein äußerst dunkles Geheimnis
 ?? ?? Die Familie Waller bezieht ein neues Heim mit riesigem Swimming Pool und der muss erstmal gesäubert, hergericht­et und neu befüllt werden ... aber dann kann der „Spaß“so richtig los gehen
Die Familie Waller bezieht ein neues Heim mit riesigem Swimming Pool und der muss erstmal gesäubert, hergericht­et und neu befüllt werden ... aber dann kann der „Spaß“so richtig los gehen

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