„Das geht gar nicht“
Die „Osmanen“bewachten Flüchtlingsheime
Stuttgart. Angehörige der türkisch-nationalistischen Straßengang „Osmanen Germania“haben eine Zeit lang in Südbaden als Wachmänner in Flüchtlingsheimen gearbeitet. Ein Sprecher des Landkreises Lörrach bestätigte am Wochenende einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“. Demnach waren „Osmanen“zu Dutzenden als Wachmänner tätig – und bekamen über Umwege staatliches Geld.
Die Ermittler gingen davon aus, dass die „Osmanen“2016 zeitweise 50 Mitglieder für acht Unterkünfte im Landkreis Lörrach stellten, heißt es im „Spiegel“. Die Aufträge erhielten sie ohne Wissen des Landkreises offenbar von einem Sub-Subunternehmer, wie Landkreissprecher Torben Pahl auf Anfrage mitteilte. Der Kreis habe die Bewachung der Unterkünfte an ein Sicherheitsunternehmen abgegeben, das habe wiederum einen Subunternehmer beauftragt und vom Einsatz der „Osmanen“nichts gewusst. Prahls Angaben zufolge ging es um einen Zeitraum von Ende 2015 bis Ende 2016, in dem die „Osmanen“tätig waren. Der Landkreis habe davon erst im März 2017 erfahren. Grünen-Innenexperte Uli Sckerl sprach am Sonntag von einem „unerhörten Vorgang“und forderte das Innenministerium zur sofortigen Aufklärung auf. Dass die „Osmanen“gegen Entlohnung Flüchtlingsheime bewacht haben „geht gar nicht“, sagte auch der FDPBundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Lörrach und Kreisrat Christoph Hoffmann. Der Rockerclub „Osmanen Germania BC“habe „erstaunlich gute Beziehungen zum türkischen Staat – bis nach ganz oben“. In Hessen würden die „Osmanen“seit drei Jahren vom Verfassungsschutz überwacht, sagte Hoffmann. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobel (CDU) hingegen schaffe es nicht, der Gefahr zu begegnen. Das Innenministerium wies die Kritik zurück. „Nirgendwo in der ganzen Bundesrepublik wurde so hart und erfolgreich gegen die Osmanen ermittelt und erfolgreich strafprozessrechtlich operiert wie in Baden-Württemberg“, teilte eine Sprecherin mit. Die Vorwürfe der FDP seien ohne jede Substanz und gingen absolut ins Leere.
Acht bis zehn Euro sollen „Osmanen“-Mitglieder laut „Spiegel“pro Stunde verdient haben. Der Ex-„Weltpräsident“der „Osmanen“und sein Vize sollen oft eine Art Provision erhalten haben. Gegen beide beginnt jetzt im Hochsicherheitssaal am Gefängnis Stuttgart-Stammheim ein Prozess des Landgerichts. Die Staatsanwaltschaft wirft insgesamt acht Bandenmitgliedern unter anderem versuchten Mord vor.
Minister Strobl erneut in der Kritik
WIE WAR DAS MÖGLICH? Die Gruppe soll mit Steuergeld für die Bewachung bezahlt worden sein. Symbolfoto: dpa