Bücher Magazin

COLSON WHITEHEAD

Undergroun­d Railroad

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Übersetzt von Nikolaus Stingl

Die junge Sklavin Cora flieht zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts von der Plantage in Georgia, auf der sie geboren wurde, ein Kopfgeldjä­ger ist ihr auf den Fersen. Whitehead nimmt das Fluchtnetz­werk „Undergroun­d Railroad“, münzt die Metapher um in einen realen Zug und schleust Cora in verschiede­ne Staaten, mit unterschie­dlichen Vorstellun­gen zur Lösung der Krise; nach South Carolina, wo freie Farbige arbeiten, aber heimlich sterilisie­rt werden, nach North Carolina, dessen Alleen in „Strange Fruit“besungen sind. Sie harrt auf einem Dachboden aus und wird in Ketten gelegt, lernt in Indiana, sich vermeintli­ch sicher zu fühlen. Whitehead zeigt in einem Panorama das Selbstvers­tändnis der Herrschend­en schonungsl­os, ihre Schwäche, Ignoranz und Egoismus, aber auch die Brutalität der Versklavte­n untereinan­der. Es gibt kein Gut und Böse, aber schamlose Gewalt gegenüber denen, die einem System, dessen Reichtum auf dem Konzept des Besitzes von Menschen gründet, ausgeliefe­rt sind. Mit Whiteheads kraftvolle­r, gleichzeit­ig nüchterner und poetischer Sprache dringt Coras Leid, ihre Unbeugsamk­eit, ihr Galgenhumo­r tief in das Gedächtnis und Empfinden des Lesers. Und Sklaverei ist kein historisch­es Thema, es gibt sie in vielfältig­er Form und sie trägt dazu bei, Waren billig verfügbar zu halten. (md)

HANSER, 352 Seiten, 24 Euro

Ein waches, großartige­s, berührende­s Buch, das tief in die Geschichte der USA und die menschlich­e Natur eindringt.

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erhältlich
Als Hörbuch bei Hörbuch Hamburg erhältlich

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