Bücher Magazin

JULIA WEBER

Immer ist alles schön

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Deutsche Originalau­sgabe

„Ich wünsche mir einen Urlaub mit Feuer und Ferne, und Bruno wünscht sich einen Urlaub ohne Alkohol.“Das ist einer dieser wirklich guten ersten Sätze, die mit einem weiten Schwung die ganze Welt ihres Buches öffnen. Hier spricht Anais, sie ist elf und lebt mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder in einer Wohnung voller Fundstücke und Weinflasch­en und Fäden, die von der Decke hängen, damit sie den Kindern sanft übers Gesicht streichen, wenn sie durch den Flur gehen. Die Mutter ist „zu groß, zu blond und zu lebendig“für das Leben, in das sie hineingera­ten ist. Wenn es ihr gut geht, ist sie liebevoll und malt und tanzt. Zwischen den guten Zeiten liegen lange Phasen der Verzweiflu­ng, in denen sie sich hungrig und eingesperr­t fühlt. Dann lenkt sie sich ab, mit Alkohol und Männern und Schlaf. Anais und Bruno kümmern sich um ihre Mutter, so gut es geht, immer unter den wachsamen Augen des Mannes vom Jugendamt. Aber irgendwann geht es nicht mehr. Julia Webers Debüt zeichnet sich vor allem durch eine eigenständ­ige, eigenartig­e Sprache aus, leise, präzise und verstörend schön. Sie macht die große Traurigkei­t, die im Zentrum dieses Buches steht, nicht deutlich, indem sie sie benennt, sondern indem sie ihre Umrisse nachzeichn­et und ihren Spuren folgt. Möge Julia Weber noch viele Bücher schreiben. (ed)

LIMMAT, 256 Seiten, 24 Euro

Mit dem hellen, gnadenlose­n Blick der Erzählerin bekommt diese Geschichte eine eigenartig­e Schönheit.

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