BEI EINEM GANGSTER WEISST DU, WORAN DU BIST
Anlässlich ihres 30. Thrillers, der im Oktober auf Deutsch erscheint, blickt Val McDermid zurück und erzählt von ihrem Weg als Reporterin mit Kontakten ins Gangstermilieu bis hin zu ihren starken Ermittlerinnen, die sie zur Auf lagenmillionärin machten.
Val McDermid sitzt an ihrem Schreibtisch in Edinburgh. Wir führen das Interview per Internet via FaceTime und McDermid richtet die Kamera ihres Handys auf das Fenster ihres Arbeitszimmers. Zu sehen ist ein blühender Garten. Ihr Haus, erklärt die Autorin auf meine Nachfrage, sei Anfang des 19. Jahrhunderts im georgianischen Stil erbaut. Gerade ist sie zurückgekehrt von einer Lesereise aus New York. Die 61-jährige Schottin ist eine der erfolgreichsten britischen Krimiautorinnen, ihre preisgekrönten Bücher erscheinen weltweit in 40 Sprachen und haben sich mehr als elf Millionen Mal verkauft. Munter erzählt sie von ihrem bevorstehenden Auftritt auf dem Literaturfestival in Edinburgh. Denn dort wird sie nicht nur aus ihrem neuesten Buch „Der Sinn des Todes“lesen, sondern als Sängerin Premiere feiern mit der Band „Fun Lovin’ Crime Writers“: Es ist der erste Gig der Band, die aus fünf britischen Schriftstellern besteht.
Frau McDermid, herzlichen Glückwunsch! Gerade ist Ihr 30. Thriller erschienen. Wie finden Sie immer wieder neue Themen?
Daran habe ich keinen Mangel. Es passiert so viel Interessantes auf der Welt! Das bringt mich immer auf Ideen. Meist ist es aber etwas Ungewöhnliches und Unerwartetes, das mich inspiriert und zum Nachdenken anregt. Ich stelle mir dann vor: „Was wäre wenn?“Dieses Spiel reizt mich. Ich habe eine sehr ruhelose Fantasie, da ich mir ständig ausmale, was sich unter der Oberfläche verbergen könnte. Detective Chief Inspector Karen Pirie von Scotland Yard ist Spezialistin für die Klärung von cold cases, alten Fällen. In Ihrem neuen Thriller, „Der Sinn des Todes“, ermittelt sie in einem Fall, der fast 30 Jahre zurückliegt. Es geht um den Tod eines lesbischen Paares, das ein Doppelleben führte, um seine Beziehung geheim zu halten. Heute würde so etwas nicht mehr passieren.
Es gibt zwar noch immer homophobe Menschen, aber in Großbritannien können homosexuelle Paare schon seit 2014 heiraten und Kinder adoptieren.
Vor Kurzem hat auch das deutsche Parlament die gleichgeschlechtliche Ehe ratifiziert. Doch der Fall, den Karen Pirie lösen will, spielt Ende der 1980erJahre, als unter Margaret Thatcher ein Anti-Homosexualitätsgesetz verabschiedet wurde.
Das war die sogenannte Clause 28, die Gemeinden, Schulen und Kommunalbehörden die „Förderung von Homosexualität“verbot. Die Konsequenz war, dass in allen Bereichen des öffentlichen Lebens gar nicht oder nur noch negativ über Homosexualität berichtet werden durfte. Viele trauten sich da nicht, sich zu outen.
Sie waren zu der Zeit eine junge Frau und hatten eine Partnerin. Haben Sie dies verheimlicht?