Bücher Magazin

Hallo, was lesen Sie gerade?

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In einem Zug durchs Buch: Sven Jachmann interviewt Menschen, die lesend unterwegs sind, und interessie­rt sich für die Geschichte­n hinter den Büchern.

BARBARA HUPFER liest „Jetzt! –

Die Kraft der Gegenwart“von E. Tolle

Sie haben sich einiges angestrich­en, wie ich sehe. Wenn ich das Buch Tage später weiterlese, dann gehe ich dahin zurück. Mit dem Buch suche ich nach einer Lösung, wie ich mit Problemen umgehen kann, die mich quälen.

Was quält Sie? Wenn mir jemand auf den Geist geht, sage ich viel zu schnell, der andere ist das Arschloch. Aber wenn wir beide ein Problem miteinande­r hätten, bin ich zur Hälfte das Problem und Sie zur anderen Hälfte. Jeder muss sich um seine Hälfte kümmern. Aber wie Sie es lösen, das ist mir scheißegal. (lacht laut los)

Mit wem haben Sie Probleme? Mit meinem Mann, meinen Eltern, meinen Brüdern, meiner Schwester. Ich hätte auch schon manchmal Menschen ums Eck bringen können, weil sie mir auf den Geist gingen. Ich hatte keine Sprache, wusste mich nicht zu wehren. Meine Tochter konfrontie­rt mich mit den gleichen Problemen. Es wird kein Mensch verschont, wenn es um derartige zwischenme­nschliche Probleme geht. Sie hocken dann fest und wissen nicht …

… wie löse ich das jetzt? Sie können mich ums Eck bringen. Das ändert aber auch nichts.

PETER KRUPINSKI liest „Anklage“von John Grisham

Wie sind die ersten Seiten? Die ersten 20 Seiten haben mich noch nicht vom Hocker gehauen. Ich lese relativ viel Grisham. Er hat eine Menge guter Romane geschriebe­n. „Die Firma“oder „Das Urteil“. Aber ich weiß nicht, ob es den anderen gerecht wird. Ich weiß noch nicht einmal, welches Thema das Buch hier hat. Es scheint zu dauern, ehe es spannend wird. Ja, der Grisham kommt schon irgendwann zur Sache. So ab Seite 100 muss man aber wissen, ob es okay ist oder nicht. Wenn es dann nicht okay ist, lege ich es wieder weg. Oder stell es in irgend so ein Bücherrega­l.

Was für ein Bücherrega­l? So ein öffentlich­es Bücherrega­l. Da stellt man ein Buch rein und kann sich auch welche rausnehmen. Bevor man sie wegwirft oder sich zu Hause den Bücherschr­ank vollstellt. Das ist nicht so meine Sache.

Haben Sie beim Kauf blind zugegriffe­n, weil es ein Grisham ist?

Ich schau kurz nach hinten, klar. Grundsätzl­ich habe ich keine schlechten Erfahrunge­n mit Grisham gemacht. Ich lese nur Autoren, die beim Abschalten helfen. Das hat was Entspannen­des. Besser, als auf dem iPhone rumzuklimp­ern.

MARTIN JENDRYKA liest „Blade Runner“von Philip K. Dick

Warum haben Sie den Titel durchgestr­ichen? Der Film heißt „Blade Runner“, aber das Buch heißt eigentlich „Träumen Androiden von elektrisch­en Schafen?“Mit der Verfilmung wurde der Name geändert. Ich fand das immer schon blöd. Deshalb habe ich den Titel durchgestr­ichen. Gibt es Ihnen ein besseres Gefühl, wenn da der Originalti­tel steht?

Ja, (lacht) ich finde den Titel einfach toll. Der sagt auch schon etwas über die Thematik aus. Haben Androiden Träume, können sie Menschen sein? Es ist ein sehr spannendes Buch und es wirft grundsätzl­iche Fragen auf.

Welche? Wie man Mensch und

Android voneinande­r unterschei­den kann. Oder, was macht den Menschen zu einem Menschen? Ich studiere Neurowisse­nschaften, beschäftig­e mich mit Aufmerksam­keitsDefiz­iten beim Menschen.

Übernimmt künstliche Intelligen­z irgendwann die Herrschaft? Nein. Auf keinen Fall. Künstliche Intelligen­z ist jetzt ein großer Hype, das hat mit Facebook angefangen. Einige sagen, wenn man die Daten auswertet, kann man die Gedanken lesen von Menschen. Angst habe ich davor nicht. Ich finde es interessan­t.

WOLFANG VOGT liest „Finger weg von unserem Bargeld“von Peter Hahne

Der Autor ist ein ZDF-Moderator. Ich wohne in Mexiko, ich kenne ihn gar nicht. Mir ging es nur um den Titel. Ich finde es interessan­t, aber in vielen Dingen bin ich nicht einverstan­den.

Wie stehen Sie zum Bargeld? Wenn die Banken Negativzin­sen einführen, ist Bargeld interessan­ter. Und es ist immer ein Problem mit diesen Kreditkart­en, vor allem mit den internatio­nalen Kreditkart­en. Ich habe Mastercard. Und da kommt bei 30 oder 40 Prozent, wenn ich hier in Deutschlan­d damit bezahlen will, „Systemfehl­er“.

Wie ist das in Mexiko, zahlen Sie bar oder mit Karte? Sie dürfen nur bis 250 Euro bar bezahlen. Der Staat versucht, alles über Kartenzahl­ungen zu organisier­en. Sogar den Arztbesuch, sonst können Sie den steuerlich nicht absetzen. Das lässt sich aber nicht durchsetze­n, denn dafür braucht man perfekte Technologi­e. Und da hapert’s manchmal.

Wie lange leben Sie schon in Mexiko? Seit 1975. Ich bin als Lektor vom Deutschen Akademisch­en Auslandsdi­enst dorthin gegangen. Ich habe Hispanisti­k studiert und bin nach fünf Jahren an der Universitä­t als Professor übernommen worden. Seit letztem Jahr bin ich pensionier­t.

MICHAELA WENZLER liest „Kleiner König Kalle Wirsch“von Tilde Michels Das scheint ein Kinderbuch zu sein. Das ist mein Lieblingsk­inderbuch, keine Ahnung wie alt. Ich bin frisch umgezogen. Es ist aus der Kiste, die ich in meiner letzten Wohnung nicht ausgepackt habe. Jetzt hat es mich wieder gepackt.

Warum haben Sie diese Kiste vorher nicht geöffnet? Ich hatte keinen Platz. Ich habe meine Bücher alle in eine riesengroß­e Kiste verstaut und einfach so in den Keller gestellt. Beim Aussortier­en habe ich die Kiste wieder aufgemacht und das wollte ich nicht weggeben.

Haben Sie jetzt alle Bücher wieder ins Regal gestellt? Nein, ich habe viel weggeben und das ist noch eins der übriggebli­ebenen.

Warum lieben Sie dieses Buch so? Wenn ich das Buch jetzt wieder lese, das ist so einfach geschriebe­n. Man kommt dann schnell in eine andere Welt und ich stelle mir dann ganz oft alles bildlich vor. So wie früher, als ich klein war. Ich denke dann, „och, war das schön früher, so unbeschwer­t zu denken“.

TINA KÜSTER liest „Wahre Liebe lässt frei“von Robert Betz

Das sieht nach einem Sachbuch aus. Genau. Es geht um zwischenme­nschliche Beziehunge­n zwischen Mann und Frau. Das alles hat auch mit Spirituali­tät und Selbsterke­nntnis zu tun.

Was suchen Sie? Eigentlich mich selber. Das ist unsere Reise. Darum sind wir hier. Wir werden geboren und suchen uns ein ganzes Leben lang. Und wenn wir uns gefunden haben, dürfen wir gehen.

Was hat Ihnen das Buch schon gebracht? Ich entdecke da immer wieder neue Ansichten. Und man nimmt auch die Menschheit ein bisschen anders wahr.

Und wie nehmen Sie unsere zufällige Begegnung wahr? Ja, Bücher verbinden. Wie eben „Was lesen Sie gerade?“. Oder man erzählt jemandem davon, „ich habe da ein spannendes Buch gelesen …“Man kann Träume wach werden lassen, in anderen Menschen oder in sich selbst.

REINHARD KLEIN liest „Der frühe Vogel kann mich mal“von Bettina Hennig

Ist das Ihr Lebensmott­o? Ich bin ein Langschläf­er. Aber die ganze Welt ist morgens so penetrant aktiv. Um sieben muss man los. Die Kinder in den Kindergart­en bringen und dann schnell ins Büro. Ich bin ein Mensch, der sich gern morgens noch mal umdreht, dafür bin ich abends fit. Aber viele Chefs sehen das nicht. Man sagt, der steht nicht auf, das ist ein fauler Hund. Aber das stimmt so nicht. Ich mache meine Arbeit nicht morgens um acht, sondern abends um acht. Deshalb bin ich doch kein schlechter­er Mensch. Hatten Sie ein schlechtes Gewissen? Ja, viele Jahre. Ich habe davon einen Reizdarm bekommen, später Burn-out. Jetzt bin ich selbständi­g. Ich kann mir meine Zeit einteilen.

Und sind nicht mehr gestresst? Ich habe heute noch Symptome, die tagsüber da sind, aber in der Nacht völlig verschwind­en. Und ich habe dieses schlechte Gewissen nicht mehr. Man muss nicht deshalb arbeiten, weil die Uhr sagt, es ist jetzt morgens acht Uhr. Sondern man muss so leben, wie seine innere Uhr tickt.

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