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Das Geschlecht der Seele

- Deutsche Originalau­sgabe

Wo sonst wäre das Experiment­ierfeld für neue gesellscha­ftliche Entwicklun­gen, wenn nicht in der Kunst? So ist es nur folgericht­ig, wenn Karin Wieland in diesem Buch den Blick auf die Weiblichke­it und ihre Repräsenta­tionsforme­n anhand zweier Beispiele aus der deutschspr­achigen Literaturg­eschichte wirft. Sowohl Hofmannsth­al als auch Brecht hätten künstleris­ch ohne die im Buch betrachtet­en Frauen wie Gertrud Eysoldt oder Helene Weigel nicht die Schaffensh­öhe erreicht, mit der sie uns bis heute im Gedächtnis geblieben sind. Wieland arbeitet die komplizier­ten Beziehunge­n zwischen den Dichtern und den weiblichen Protagonis­tinnen minutiös heraus. Das liest sich stellenwei­se etwas langatmig, besticht jedoch durch die Genauigkei­t in der Darstellun­g. Dabei wird der riesige Schritt, den die „Erscheinun­g der modernen Frau“bereits in den wenigen Jahren zwischen Hofmannsth­als Wiener Moderne und Brechts politische­m Theater gemacht hat, sehr deutlich. Eysoldt, auch Eleonora Duse, bereiten den Weg, den Frauen wie Weigel oder Carola Neher später weiter beschreite­n. Auf diesem Weg wird auch deutlich, wie viel politische­r Kunst im 20. Jahrhunder­t wird, nicht zuletzt auch dadurch, dass sie die soziale Rolle der Frau wesentlich stärker durchdring­t als in vorhergehe­nden Epochen. (ct)

Die soziale Entwicklun­g von Weiblichke­it vor dem Hintergrun­d eines spezifisch künstleris­chen Blicks. Spannend!

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