Filmtipps: Kino & Netflix
Rassismus prägt „Mudbound“, den großartigen Film der amerikanischen Filmregisseurin Dee Rees – in der Geschichte und leider auch im Umgang mit diesem meisterlichen Werk.
Im Grunde genommen ist „Mudbound“klassisches Hollywoodkino, ein Film, der verglichen werden muss mit Steven Spielbergs „Die Farbe Lila“oder „Vom Winde verweht“. In großartigen, elegischen Bildern erzählt Dee Rees von zwei Familien in Mississippi zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der weiße Patriarch Henry McAllan (Jason Clarke) hat sein gesamtes Geld in eine Farm gesteckt, seine Frau Laura (Carey Mulligan) samt Tochter in die Südstaaten verfrachtet und muss nun gegen den Schlamm kämpfen, in dem sein Stück Land immer wieder zu versumpfen droht. Die McAllans leben im Dreck, im Staub, im ständigen Kampf gegen die Natur. Aber ihnen geht es noch besser als den Jacksons, Afroamerikaner zur Zeit der Jim-Crow-Gesetze, die die Segregation weiterhin aufrechterhalten. Auf dem Papier sind die Jacksons frei, tatsächlich aber sind sie share cropper, also Pächter eines kleinen Anteils von McAllans Land, für den sie einen Teil der Ernte abtreten müssen. Tag und Nacht arbeiten Florence (Mary J. Blige) und Hap (Rob Morgan), um ihre Familie durchzubringen. Als die USA in den Krieg einziehen, geht ihr ältester Sohn Ronsel (Jason Mitchell) in die Armee – und als er wieder zurückkehrt, hat er erfahren, wie es ist, nicht ständig ein Mensch zweiter Klasse zu sein. Des- halb fügt er sich ebenso wenig in sein altes Leben wieder ein wie Henry McAllans jüngerer Bruder Jamie (Garrett Hedlund), der ebenso im Krieg gedient hat. Aber eine Freundschaft zwischen einem Schwarzen und einem Weißen muss in einer Katastrophe enden.
„Mudbound“erzählt von dem tief verwurzelten Rassismus in den USA – und steht zugleich für die Schwierigkeiten, die mit diesem Thema in den USA verbunden sind und denen afroamerikanische Regisseurinnen noch heute ausgesetzt sind. Als das Drama in Sundance Premiere feierte, wurde es gefeiert und avancierte zum Festivalliebling. Aber das gängige Muster, nachdem dann ein Bieterwettstreit der Verleiher um den Film entbrennt, blieb aus. Obwohl der Film hervorragend ist, obwohl er von einem weiterhin drängenden Thema erzählt, wollte ihn niemand in die Kinos bringen. Viele vermuten, es habe damit zu tun, dass er in Zeiten Donald Trumps ein zu heißes Eisen wäre. Deshalb kann man ihn nun bei Netf lix sehen – und das ist begrüßenswert und schade. Ohne Netflix, ohne Streaminganbieter würden Filme wie diese – oder Dee Rees’ grandioser Erstling „Pariah“– hierzulande niemals zu sehen sein. Und doch gehören sie eigentlich auf die ganz große Leinwand.