MITHU M. SANYAL: VERGEWALTIGUNG
Die Nautilus-Flugschrift der Kulturwissenschaftlerin und Autorin Mithu M. Sanyal fiel mir kurz nach der Geburt meines ersten Kindes in die Hände. Einer Zeit, in der ich mir meines eigenen Körpers sowohl in seiner Verletzlichkeit als auch in seiner Einzigartigkeit besonders bewusst wurde. Es war eine erschreckende und erhellende Lektüre. An vielen Beispielen aus Vergangenheit und Gegenwart wird aufgezeigt, wie eng der weibliche Körper mit Bildern von Gefährdung und gewaltsamer Besitznahme durch den Mann behaftet ist. Betrachtet eine Frau sich selbst als Reh, das immer auf der Hut sein muss, beschneidet sie sich in ihrer Freiheit. Leider hat diese Vorsicht aber gute Gründe, denn nach wie vor ist das Thema „Vergewaltigung“in der Öffentlichkeit zwar mit viel Empörung aufgeladen, sobald das Verbrechen in seiner Brutalität offen liegt; in versteckter Form ist Gewalt gegen Frauen jedoch leider viel zu oft salonfähig. Im vergangenen Jahr wurde darüber verstärkt diskutiert. Auch Sanyal kam dabei in einem Beitrag der Tagesthemen zu Wort. Als Antwort auf Sexismus forderte sie darin vor allem einen respektvolleren Umgang von Mensch zu Mensch. Neben dem Hashtag #metoo wünschte sie sich auch die Hashtags #allyouneedislove und #hetoo für eine andere Geschlechterkultur, die sich bereits darin äußert, wie über Sexualität gesprochen wird. So sollen zum Beispiel auch Männer über ihre eigenen Ängste und Verletzlichkeiten reden. Kein schlechter Ansatz! (man)