Bücher Magazin

LITERARISC­HE SCHATZSUCH­E – AVIVA

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Seit 20 Jahren in stetem Aufbruch ist der Berliner AvivA Verlag. Der Name „AvivA“ist angelehnt an das hebräische Wort für Frühling. Wie in den Anfangsjah­ren dreht sich das Verlagspro­gramm um besondere weibliche Stimmen, die neue Impulse setzen. Wir sprachen mit der Verlegerin Britta Jürgs.

20 Jahre sind eine lange Zeit. Was waren Ihre größten Erfolgsmom­ente?

Zu den größten Erfolgsmom­enten gehört sicher die Anerkennun­g in Form eines Preises. Das gilt vor allem für meine Auszeichnu­ng als Bücherfrau des Jahres 2011, aber natürlich auch für mit Preisen ausgezeich­nete Bücher, die ich verlegt habe. Den ersten Preis bekam ich vom Karlsruher Bücherbüfe­tt für die erstmals ins Deutsche übersetzte Undercover-Reportage aus der Psychiatri­e, „Zehn Tage im Irrenhaus“von Nellie Bly von 1887. Besonders wichtig war für mich jedoch, dass die von Anke Heimberg gesammelte­n und unter dem Titel „Mädchenhim­mel!“veröffentl­ichten Gedichte und Geschichte­n der völlig vergessene­n und 1942 ermordeten jüdischen Schriftste­llerin Lili Grün auf der HOTLIST der zehn besten Büchern der unabhängig­en Verlage 2014 standen und mit dem Melusine-Huss-Preis ausgezeich­net wurden. Und es war auch ein besonderer Moment, als im August 2017 in Berlin der Lili-Grün-Weg eröffnet wurde.

Unter welchen Gesichtspu­nkten wählen Sie Ihre Literatur aus?

Es muss mich begeistern. Das ist das allerwicht­igste Kriterium. Ich finde es wichtig, Bücher von vergessene­n Schriftste­llerinnen wieder oder erstmals zugänglich zu machen (die meisten Bücher von Ruth Landshoff-Yorck in meinem Programm stammen aus dem Nachlass und wurden zu Lebzeiten nicht veröffentl­icht). Aber natürlich spielt auch bei diesen die literarisc­he Qualität die entscheide­nde Rolle – Stil, Schreibwei­se, Themen. Ich liebe die selbstiron­ischen, lakonische­n Texte der von mir veröffentl­ichten Schriftste­llerinnen der 1920er-Jahre, die oft unglaublic­h aktuell wirken. Und auch die von mir wiederentd­eckte Berliner Autorin Annemarie Weber hat mich in ihren Romanen aus den 1960er-Jahren, „Westend“und „Roter Winter“, vor allem mit ihrer Schreibwei­se und ihrem ungewohnte­n Blick auf ihre Zeit beeindruck­t.

Aber in einem Verlagspro­gramm geht es nicht nur um Auswahl des schon Vorhandene­n. Angefangen habe ich mit Büchern zu bestimmten Themen, die ich selbst initiiert und häufig auch herausgege­ben habe – Bücher, die mir auf dem Buchmarkt fehlten. Das waren Porträtbän­de über Künstlerin­nen und Schriftste­llerinnen der 1. Hälfte des 20. Jahrhunder­ts, des Surrealism­us, des Expression­ismus oder der Neuen Sachlichke­it, aber auch Bücher über Kunstsamml­erinnen, Architekti­nnen, Designerin­nen oder Tänzerinne­n.

Wieso spezialisi­eren Sie sich mit Ihrem Programm auf Literatur von Frauen? Bei den Büchern von und über Frauen gibt es immer noch einen ungeheuren Nachholbed­arf. Und man glaubt es kaum, aber es gibt tatsächlic­h immer noch Verlagspro­gramme, die ganz oder weitgehend ohne weibliche Beteiligun­g auskommen. Deshalb konzentrie­re ich mich auf die weiblichen Stimmen und Perspektiv­en aus Vergangenh­eit und Gegenwart. Und da gibt es noch wahnsinnig viel zu entdecken!

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