Bücher Magazin

Künstlerle­ben

Vier Comics über Kunst im Moment ihres Entstehens. Über Armut und Emanzipati­on, Entropie und harte Arbeit.

- VON ELISABETH DIETZ

Vier Comic-Biografien

„AM LIEBSTEN WÜRDE ICH EINFACH WEGLAUFEN“

Viel Weißraum. Hohe Hallen, Glasfronte­n, Eisflächen, die sich nach allen Seiten auszudehne­n scheinen, die Figuren verlieren sich darin. Tillie Walden erzählt ihre Jugend in Violett und Gold, den Farben ihres Eislaufkos­tüms. Zwölf Jahre lang hat sie Eiskunstla­uf gemacht: Einzeltrai­ning in den frühen Morgenstun­den, Schrauben, Sprünge, Pirouetten. Acht Stunden Schule, danach Synchrontr­aining, abends Nachhilfe oder Cello-Unterricht. In jedem Panel dieses Comics wird eine tiefe Erschöpfun­g spürbar, unterbroch­en von kurzen, rauschhaft­en Erfolgserl­ebnissen. Unter allem liegt eine große Sehnsucht. Danach, einfach in den Arm genommen zu werden, nach Wahrhaftig­keit und Freiheit. Dass sie lesbisch ist, weiß Tillie schon als kleines Mädchen. „Eiskunstla­ufen stürzte mich in einen seltsamen Zwiespalt“, erklärt die erwachsene Tillie aus dem Off. „Das Feminine daran stieß mich ab, gleichzeit­ig zog es mich an.“Wir erleben mit, wie Tillie sich in ihre Klassenkam­eradin Rae verliebt, sich outet und den Mut fasst, Nein zu sagen. Wie sie sich der Kunstform zuwendet, mit der sie jetzt so exzellent arbeitet, wird nur im Vorübergeh­en erwähnt. Für ihre Autobiogra­fie wurde die 22-Jährige als bisher jüngste Künstlerin mit dem Eisner Award „Best RealityBas­ed Work“ausgezeich­net. Und genau das ist „Pirouetten“: Alltag, bittersüß.

TILLIE WALDEN: Pirouetten Übersetzt von Sven Scheer Reprodukt, 400 Seiten, 29 Euro

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