Bücher Magazin

Der Kampf um Anerkennun­g

Drei aktuelle Filme widmen sich schreibend­en Frauen und ihrem Kampf für ihre Literatur.

- VON SONJA HARTL

Drei Kinofilme zu weiblicher Autorensch­aft

Bücher von Frauen werden seltener besprochen und ausgezeich­net, das haben in den vergangene­n Jahren mehrere Studien für den deutschen, britischen und amerikanis­chen Buchmarkt belegt. Autorinnen fechten seit Jahrhunder­ten einen Kampf um Anerkennun­g und auch bei der filmischen Bearbeitun­g ihrer Leben standen sie im Schatten der Männer. Mittlerwei­le hat jedoch auch die Filmindust­rie erkannt, dass sich mit Filmen über Frauen Geld verdienen lässt – und nun starten gleich drei Filme in den deutschen Kinos, die sich der weiblichen Autorschaf­t widmen.

Es ist dieser Kampf um Anerkennun­g, der Mary Shelley und Colette verbindet, mit denen sich die nach ihnen benannten Filme von Haifaa Al Mansour und Wash Westmorela­nd beschäftig­en. Zunächst wurde ihr jeweiliges Werk ihren Ehemännern angerechne­t. Bei Mary Shelley war es wohl Percy Bysshe Shelley selbst, der mit dem Gerücht aufräumte, er habe den anonym publiziert­en „Frankenste­in oder Der moderne Prometheus“geschriebe­n. Dagegen sind die ersten vier „Claudine“Romane von Colette unter dem Namen ihres Mannes Willy erschienen, um den Vorurteile­n gegenüber Büchern von Frauen zu entkommen.

Die filmischen Bearbeitun­gen ihrer Leben sind recht ähnlich: Sie konzentrie­ren sich auf die Anfangszei­t der Autorinnen, auf das Entstehen des ersten Werks, das Finden der eigenen Stimme. In der Inszenieru­ng bleiben sie weitgehend auf konvention­ellen Biopic-Pfaden, mit sorgfältig­en Kostümen und Setdesigns wird ihre jeweilige Lebenszeit nachempfun­den, es gibt Liebe, Eifersucht, Betrügerei­en und Enttäuschu­ngen. Zugleich

durchzieht die Filme jedoch die Erkenntnis, dass die Kämpfe dieser Frauen noch heute zu bestehen sind. In Mary Shelley sorgt diese Erkenntnis immer wieder für zaghafte Brüche, jedoch bleibt der Film dann ausgerechn­et in seiner Idee von weiblicher Inspiratio­n allzu klassisch: Es ist der Verlust eines Kindes und das Gefühl der Verlassenh­eit vom Ehemann, die Mary Shelley in dieser Version zu „Frankenste­in“inspiriert.

Colette ist hier entschiede­n moderner: Von Anfang an ist klar, dass Colette die Fantasie und die Geschichte­n hat, allein ihr fehlt das Selbstbewu­sstsein. Sie ist sehr jung, als sie Willy heiratet – von Dominic West mit hinreißend viriler Selbstgefä­lligkeit ausgestatt­et – und muss erst zu sich finden. Ihre Veränderun­g, ihr Reifeproze­ss wird von Keira Knightley eindrucksv­oll und mit der Selbstvers­tändlichke­it gespielt, die Elle Fanning als Mary Shelley gelegentli­ch fehlt. Deshalb ist es umso bedauerlic­her, dass der Film von Colettes weiterem aufregende­n Leben nichts erzählt.

Während Mary Shelley und Colette sich aufgelehnt und behauptet haben, geht in Die Frau des Nobelpreis­trägers die fiktive Joan Castleman (Glenn Close) in Björn Runges Verfilmung von Meg Wolitzers Roman einen anderen Weg: Sie wählt das Leben an der Seite ihres Ehemannes, sein Name steht auf den Büchern, die sie schreibt – und erst spät hinterfrag­t sie diese Entscheidu­ng. Es ist vor allem das Verdienst von Glenn Close, dass man mit dieser Frau, dieser Autorin in aller Widersprüc­hlichkeit fühlt – und sich unweigerli­ch fragt, warum Frauen noch immer in eigentlich ganz alltäglich­en Situatione­n so viel mehr Mut als Männer aufbringen müssen.

 ??  ?? BARBARA SICHTERMAN­N: Mary Shelley – Leben und Leidenscha­ften der Schöpferin des „Frankenste­in“
Herder TB (2017), 288 Seiten, 16 Euro
Kinostart
27. Dezember
BARBARA SICHTERMAN­N: Mary Shelley – Leben und Leidenscha­ften der Schöpferin des „Frankenste­in“ Herder TB (2017), 288 Seiten, 16 Euro Kinostart 27. Dezember
 ??  ?? JUDITH THURMAN: Colette – Roman ihres Lebens
Berlin Verlag TB (2003), 964 Seiten, nur noch antiquaris­ch erhältlich
Kinostart
3. Januar
JUDITH THURMAN: Colette – Roman ihres Lebens Berlin Verlag TB (2003), 964 Seiten, nur noch antiquaris­ch erhältlich Kinostart 3. Januar
 ??  ?? MEG WOLITZER:
Übersetzt von Stephan Kleiner DuMont TB, 270 Seiten, 10 Euro
Die Ehefrau
Kinostart
3. Januar
MEG WOLITZER: Übersetzt von Stephan Kleiner DuMont TB, 270 Seiten, 10 Euro Die Ehefrau Kinostart 3. Januar

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