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„HEY HO! LET‘S GO!“

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Joey, der Sänger, schon als Jugendlich­er Psychiatri­epatient. Tommy, Sohn ungarische­r Flüchtling­e, die den Holocaust im Versteck überlebten, durch Zufall Schlagzeug­er. Johnny, der Gitarrist, im ewigen Kampf gegen die Entropie. Dee Dee, der Bassist, Erzähler dieses Comics. Vier Jungs aus Queens, die einander retten, eine Band gründen, auf immer größeren Bühnen legendäre Konzerte spielen und Jahre später verbittert auseinande­rgehen: die Ramones. Éric Cartier betreibt keine Heldenvere­hrung und verklärt niemanden. Hartnäckig widersteht er der Versuchung, Backstage-Glamour zu zeigen oder die Schönheit des Verfalls zu beschwören. Seine Zeichnunge­n sehen aus, wie sich der frühe Punk anhört: rau, chaotisch, verzerrt, nie vollkommen schön und nie ganz richtig. Leider trifft der Text diesen Ton gar nicht. Schon auf der ersten Seite legen die Szenariste­n Cadène und Bétaucourt Dee Dee Floskeln in den Mund: „Wir wollten Rockstars werden, wir waren heiß … London, Tokio, Buenos Aires, ich glaubte daran … Ich wollte alles, auch den Ruhm. Aber nichts dauert ewig.“Manche Dialoge klingen wie aus einer Anti-Drogen-Broschüre der Neunziger: „Was nimmst’n da, Kleiner?“– „Weed … haste was Besseres?“Ich empfehle, die Bilder zu genießen, die Sprechblas­en zu überspring­en und direkt zum Glossar zu blättern. Zu fast jeder Seite liefert das Autoren-Trio liebevoll recherchie­rte Hintergrun­dinformati­onen, inklusive Quellenang­aben. Aus diesem Teil des Buches weiß ich: Dee Dee Ramone starb am 5. Juni 2002 an einer Überdosis Heroin. Auf seinem Grabstein steht: „O.K. … I gotta go now.“

XAVIER BÉTAUCOURT, BRUNO CADÈNE, ÉRIC CARTIER: One, Two, Three, Four, Ramones!

Übersetzt von Anja Kootz

Knesebeck, 96 Seiten, 20 Euro

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