Auf Lesereise ...
... mit Hjorth & Rosenfeldt
Als Moderatorin ist Margarete von Schwarzkopf unterwegs im Namen der Literatur. In dieser Kolumne schreibt sie über ihre Begegnungen mit den begehrtesten Stars und den aufregendsten Newcomern der großen weiten Bücherwelt.
Sie sind unzertrennlich wie Zwillinge, aber vom Temperament grundverschieden. Hans Rosenfeldt, über zwei Meter groß, ist ein Entertainer, der in gepflegtem Englisch gerne ausgiebig über die Karriere der beiden als Krimi-Duo spricht, während der „nur“1,90 Meter große Michael Hjorth eher zurückhaltend wirkt. Doch er ergänzt die Aussagen seines Freundes und Schriftstellerkollegen durch geschickte kleine Einwürfe, sodass die beiden auf der Bühne perfekt aufeinander abgestimmt wirken. Und beide besitzen in reichem Maß trockenen Humor. Und sie sind
originell. Allein schon die Grundidee ihrer Bücher, deren sechster Band, „Die Opfer, die man bringt“, im Herbst erschienen ist, hat wenig gemein mit der gängigen Auffassung vom Ermittler mit Fehlern, aber solidem Kern.
„Wir wollten eine richtig unsympathische Figur erschaffen, der zwar in seinem Fach ein absoluter Profi, aber bei seinen Mitmenschen ein völliger Versager ist“, erklärt Rosenfeldt, der 1964 in Schweden geboren wurde und eigentlich Hans Petersson heißt. Als er eine Karriere als Schauspieler plante, nahm er den Mädchennamen seiner Mutter an. „Sebastian Bergmann“, ergänzt Michael Hjorth, Jahrgang 1963, „ist ein sehr ambivalenter Mensch, der immer wieder versucht, aus dem Abgrund seines schwierigen Charakters zu entkommen. Er ist nicht böse, aber er ist hilflos gegenüber Gefühlen, vor allem für seine spät entdeckte Tochter Vanja, die ebenfalls für die Polizei arbeitet.“
Beide Autoren kommen vom Drehbuch, sie haben viele Bücher für Fernsehen und Film geschrieben und Filme produziert. Hjorth hat die Drehbücher zu mehreren Mankell-Verfilmungen geschrieben, Rosenfeldt zu der Serie „Die Brücke“und für die englische Reihe „Marcella“. Romane zu schreiben sei aber völlig anders, sagen beide. „Im Drehbuch genügen kurze Anmerkungen, in einem Roman musst du ja alle möglichen Ereignisse genauer schildern, die Atmosphäre mit Worten einfangen, Landschaften beschreiben und dadurch erst Bilder erschaffen“, sagt Rosenfeldt. „Das war für uns zu Beginn nicht einfach. Dialoge sind uns leichtgefallen. Sie bestimmen das Tempo einer Handlung und lassen sich rascher formulieren als die Beschreibung eines Hauses oder eines Tatorts. Wir mussten völlig umdenken“, erinnert sich Hjorth.
Dass bis zu ihrem neuen Buch mehr als drei Jahre vergangen sind, lag auch daran, dass beide ständig mit anderen Projekten beschäftigt sind. Doch wenn dann eine Idee, die manchmal schon länger im Raum schwebt, sehr konkret wird, dann finden sie doch die gemeinsame Zeit. Das kann aber recht lange dauern. „Die Idee für unseren sechsten Roman hat viele Jahre gebraucht, bis wir sie umgesetzt haben. Immer wieder haben wir Anläufe gemacht, aber erst im vergangenen Jahr hatten wir dann den richtigen Ansatz, diese Geschichte tatsächlich zu schreiben“, sagt Rosenfeldt. „Es geht um Vergewaltigung, ein heikles Thema, das einen ernsten Kontext braucht.“Die beiden schreiben im Wechsel und stimmen sich immer wieder neu ab. „Vor allem bei den Charakteren hat jeder seine Lieblinge“, amüsiert sich Hjorth. „Am Anfang mochte ich Ursula nicht so recht. Inzwischen klappt es mit uns beiden.“
Das Vergnügen, über Sebastian zu schreiben, diesen cleveren, aber traumatisierten Kriminalpsychologen, ist geblieben. „In jedem Buch geschieht etwas mit ihm“, sagt Hans Rosenfeldt. „Er wird zwar am Ende der Reihe kein Heiliger sein, aber er ist lernfähig und beginnt, sich durch bestimmte tiefgreifende Ereignisse zu wandeln.“Angedacht sind acht Romane über Bergmann, aber „man soll niemals nie sagen“, meint Hjorth. Solange ihnen ihre große Fangemeinde die Treue hält, werden sie vielleicht jenseits der magischen Acht ihren Antihelden ermitteln lassen.