DACIA MARAINI
Drei Frauen
Übersetzt von Ingrid Ickler
Großmutter, Mutter und Tochter leben zusammen in einer Wohnung. Konflikte sind vorprogrammiert. „Wir sind schon eine komische Familie“, schreibt Maria an ihren Liebsten im fernen Frankreich, „ich schreibe Briefe, meine Tochter schreibt Tagebuch, das sie in einer Mauernische versteckt, meine Mutter spricht alles auf Band, was ihr durch den Kopf geht, sie hat ein Mini-Diktiergerät, das sie in einer Tasche bei sich trägt.“Dacia Maraini lässt ihre Protagonistinnen nie direkt aufeinandertreffen. Was der Leser erfährt, ist gefiltert durch die bevorzugten Medien. Hübscher Einfall! Leider vermag Maraini den drei Frauen keine eigene Stimme zu verleihen, sie haben alle den gleichen Sound. Wobei sie Unterschiedliches zu berichten haben. Die Großmutter fantasiert sich mit ihren 60 Jahren Liebhaber herbei und tröstet sich mit dem jungen Bäcker, die 17 Jahre alte Enkelin hat eine Bettbeziehung mit ihrem Schulfreund. Einzig Maria, Übersetzerin Flauberts und Organisatorin und Finanzier des Frauenhaushalts, schreibt auf sehr ernsthafte Weise an ihren geliebten François. Der ist es auch, der bei seinem Besuch zu Weihnachten für einigen Wirbel sorgt und eine Katastrophe herbeiführt. Überzeugen kann das freilich nicht, zumal auch einige inhaltliche Unstimmigkeiten irritieren. ( sti)
FOLIO, 184 Seiten, 20 Euro
Interessante Versuchsanordnung in einer Frauenwohngemeinschaft, die auf die Zerreißprobe gestellt wird.