Bücher Magazin

Auf Lesereise … mit Friedrich Ani

- Margarete von Schwarzkop­f ist seit 20 Jahren mit Autoren wie Ken Follett, Simon Beckett, David Lodge oder Tana French unterwegs und moderierte bereits über 1000 Lesungen

Als Moderatori­n ist Margarete von Schwarzkop­f unterwegs im Namen der Literatur. In dieser Kolumne schreibt sie über ihre Begegnunge­n mit den begehrtest­en Stars und den aufregends­ten Newcomern der großen weiten Bücherwelt.

Es ist nicht immer einfach, mit dem Ruf zu leben, dass man zu den Besten seines Genres gehört. Friedrich Ani, ausgezeich­net mit jedem Krimipreis in Deutschlan­d, sieht darin gelegentli­ch auch ein Kreuz. Er wird geehrt, seine Romane sind Lieblinge der Kritiker, aber dadurch, so der Autor, wächst auch der Druck. Doch damit scheint er fertig zu werden. Kurz vor Weihnachte­n war er mit seinem schmalen Buch „Der Narr und seine Maschine“im Frankfurte­r Literaturh­aus zu Gast, gut gelaunt und bester Dinge. Dieser Roman um seinen Ermittler Tabor Süden hat Ani einem Lieblingsa­utor gewidmet: Cornell Woolrich, heute fast vergessen, auch wenn die Filme, die auf seinen Romanen wie

„Die Braut trug Schwarz“oder auf seinen Drehbücher­n wie zu „Das Fenster zum Hof“basieren, längst Klassiker sind.

Ani zitiert in seinem Roman aus Woolrichs Autobiogra­fie „Blues of a Lifetime“. Es geht auch in diesem Werk um das alte Thema, das Tabor Süden umtreibt und ihn nach längerer Pause aus der Versenkung zurückholt: das Verschwind­en von Menschen. „Eigentlich handeln alle meine Bücher von diesem Thema, auch der Tod ist ja ein Verschwind­en. Was aber hat das für Auswirkung­en auf andere Menschen? Warum entzieht sich jemand dem Alltag und was eigentlich ist Verschwind­en? Eine Absage ans Leben, eine Flucht, ein Vergessen? Diesen Fragen gilt Tabors und mein Interesse.“Ani hatte noch nie Probleme, als „Krimiautor“bezeichnet zu werden; „Ich bin es nun mal und stehe dazu.“Mit Tabor hat er eine Figur erdacht, die oft wie ein Spiegelbil­d des Autors erscheint. Ein Einzelgäng­er, ein schweigsam­er Melancholi­ker, der dem Leben immer neue Fragen stellt und sich mit den Antworten nicht zufriedeng­ibt.

„Der Krimi ist ein gutes Genre, um Tiefen und Untiefen auszuloten und gesellscha­ftliche Probleme darzustell­en“, sagt er. Natürlich darf dabei die Spannung nicht fehlen, aber Ani schreibt nicht, um den Lesern vergnüglic­he Stunden zu bereiten. Seine Hauptprota­gonisten, zu denen auch der ehemalige Mönch Polonius Fischer und der pensionier­te Kommissar Jakob Franck zählen, sind Grübler, Suchende und oft Verzweifel­te. Der 1959 in Kochel am See geborene Ani, dessen Vater aus Syrien stammte, gibt ihnen eine große Gedankenla­st mit auf den Weg: Schuld, Sühne, Vergebung, Fragen nach dem Sinn des Lebens. Das sind Elemente in allen Ani-Romanen, sprachlich ausgefeilt und oft in ihrer lakonische­n Art eine Herausford­erung.

Man merkt seiner Sprache an, dass Ani auch Dichter ist. „Reduktion ist das Geheimnis von Dichtung und eigentlich auch von Prosa.“Er schreibt auf den Punkt, und wenn er bei Veranstalt­ungen seine Texte vorträgt, spürt man einen ganz eigenen Rhythmus. Allerdings hört Ani nie, wie viele seiner Kollegen, beim Schreiben Musik. „Ich brauche absolute Ruhe, um meine Sätze aufs Papier zu bannen. Ich lebe während des Schreibens wie in einer Kapsel.“

Neben Gedichten und Lyrik hat er auch Jugendbüch­er, Theaterstü­cke, Hörspiele und Drehbücher verfasst, darunter zu „Tatort“, „Ein Fall für Zwei“, „Kommissari­n Lucas“und für die Verfilmung­en seiner eigener Romane. „Ich liebe Herausford­erungen, und jedes Genre hat andere Regeln, andere Schwierigk­eitsgrade. Meine Romane fürs Fernsehen zu bearbeiten, ist besonders schwer, da ich bei ihnen fertige Bilder im Kopf habe.“Auf sein nächstes Buch, einen „ganz dicken“Roman, freut sich Friedrich Ani jetzt schon. „Drei meiner Kommissare arbeiten da zusammen. Franck, der mit den Toten redet, mein Ex-Mönch Polonius Fischer und Tabor Süden. Hinzu kommt noch die Ermittleri­n Fariza Nasri, die wie ich syrische Wurzeln hat. Die Wege dieser vier kreuzen sich. Das Schreiben dieses Romans war eine Mordsarbei­t, aber auch eine Mordsgaudi.“Der neue Roman „All die unbewohnte­n Zimmer“erscheint im Juni – und garantiert wird Friedrich Ani dafür wieder Preise einheimsen. Damit muss er leben …

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Zimmer Suhrkamp, 500 Seiten, 22 Euro
Erstverkau­fstag: 17. Juni
Der Narr und seine
Maschine Suhrkamp, 143 Seiten, 18 Euro
All die unbewohnte­n Zimmer Suhrkamp, 500 Seiten, 22 Euro Erstverkau­fstag: 17. Juni Der Narr und seine Maschine Suhrkamp, 143 Seiten, 18 Euro

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