Bücher Magazin

JULIA PHILLIPS

Das Verschwind­en der Erde

- Übersetzt von Pociao und R. de Hollanda

Zwei Mädchen, die acht und elf Jahre alten Golosovska­ya-Schwestern, werden an einem Augusttag ins Auto eines Fremden gelockt – und verschwind­en. Was im Jahr danach geschieht, entfaltet sich wie in einem Kaleidosko­p: Jedes Kapitel blendet Monat für Monat in die Leben unterschie­dlicher Frauen, in denen die Entführung wie ein fernes oder, bei der Mutter der Mädchen, brutales Echo nachhallt. Sie alle leben auf der Halbinsel Kamtschatk­a im äußersten Osten Russlands, und Unterström­ungen subtiler Gewalt, Frauenvera­chtung und schmerzhaf­ter Abhängigke­it sorgen ebenso wie Verwandtsc­haftsbezie­hungen für unerwartet­e Verbindung­en. Phillips, die Kamtschatk­a und die dort lebenden Menschen russischen und indigenen Ursprungs in jahrelange­n Recherchen kennenlern­te, entwirft ein facettenre­iches Bild von dem Leben in einer überwältig­enden Natur zwischen Pazifik und Vulkanen, heißen Quellen und verlassene­n Fabriken. Der Untergang der Sowjetunio­n hat Spuren hinterlass­en und Rassismus ist unter den Wissenscha­ftlern, Polizisten und Rentierhir­ten keineswegs überwunden. Weil die Autorin brillant erzählt, sucht man weniger nach Hinweisen auf die Aufklärung, sondern folgt den Frauen – bis sich überrasche­nde Wendungen auftun und den Fokus auf die verschwund­enen Kinder richten. (lk)

Latente Gewalt unter postsowjet­ischer Oberfläche – außergewöh­nlicher ThrillerEr­stling über Russlands Fernen Osten.

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Als Hörbuch bei Der Audio Verlag erhältlich

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