MIRNA FUNK
Zwischen Du und Ich
Schon auf den ersten Seiten des Romans wird klar, dass Nike mit einem traumatischen Erlebnis zu kämpfen hat, das sie die letzten acht Jahre versucht hatte zu verdrängen. Als sich die Gelegenheit ergibt, ein Jahr in Tel Aviv zu arbeiten, beschließt sie spontan einen Neuanfang und nutzt die Vorteile der Alija, der Einbürgerung von Juden in Israel, was ihr Geld, einen Sprachkurs und die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht. Doch kann es im Leben überhaupt einen Neuanfang geben? Natürlich nicht, schon gar nicht, wenn man in den Archiven von Yad Vashem erfährt, wie die Urgroßmutter 1941 in Frankreich umgekommen ist. Ihre Großmutter Rosa, Holocaust-Überlebende, die als Kommunistin in die DDR gezogen war, hatte über die Umstände des Todes geschwiegen. Wie ihre Protagonistin Nike ist auch Mirna Funk Jüdin und in Ostberlin geboren. In „Zwischen Du und Ich“geht es um die Suche nach jüdischer Identität und der Frage, inwieweit Traumata über Generationen vererbt werden können. Als sich Nike in Noam verliebt, dessen Großeltern das Konzentrationslager Bergen-Belsen überlebt haben, erweitert er ihren Blick auf das israelische Selbstverständnis. „Sei kein Opfer! Es ist das elfte Gebot, es durchdringt die gesamte israelische Gesellschaft. Man stirbt lieber, als aufzugeben.“(cvk)
Die Heldin ist eine scharfsinnige Beobachterin, die mitunter hebräische Worte benutzt, die man gern verstanden hätte.
DTV, 204 Seiten, 22 Euro