ANJA BAUMHEIER
Die Erfindung der Sprache
Wenn ein Kind mit zwei Jahren noch nicht sprechen kann, ist das an sich kein Grund zur Aufregung. Anders bei Familie Riese auf der ostfriesischen Insel Platteoog. Adam scheint ein Außenseiter zu sein, seine Mutter Oda, sein Vater Hubert und seine tschechische Großmutter Leska hüten ihn wie ihren Augapfel. Doch die schönen Zeiten gehen abrupt zu Ende, als Hubert jäh verschwindet und die eigentlich wortgewandte Oda aus Kummer kein Wort mehr sagt. Für Adam endet damit die Kindheit. Ausgerechnet er, der so spät zur Sprache gefunden hat, wird Sprachwissenschaftler in Berlin. Eines Tages entdeckt er ein Buch, in dem sein Vater vorkommt. Nach vielen Jahren beginnt Adam mit der Spurensuche – in der Hoffnung, das Geheimnis des plötzlichen Verschwindens des Vaters lösen zu können. Für ihn beginnt eine Odyssee durch Europa, bis er am Ende das wiederfindet, was er als Dreizehnjähriger verloren hat: eine Familie. Im Mittelpunkt dieses unterhaltsamen Romans über Familiengeheimnisse steht das Phänomen Sprache. Was sie den Menschen bedeutet, und wie jeder eine andere Beziehung dazu hat, egal, ob schweigend oder laut. Die liebenswerteste Figur ist die tschechische Großmutter, die ihr Leben lang die Melodie ihrer Muttersprache im Herzen bewahrt und weiß, dass Sprache mehr ist als Wortgebilde. (mvs)
Ein Buch über die Chance, familiäre Abgründe zu überwinden. Hoffnung ist noch immer eines der stärksten Worte.
KINDLER, 489 Seiten, 20 Euro