Bücher Magazin

Frauen des 20. Jahrhunder­ts

Vier Grafik Novels

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Eines der ersten erhaltenen Bilder von Yayoi Kusama zeigt eine Frau in einem traditione­llen Kimono, vielleicht ihre Mutter, deren Gestalt von roten Punkten umgeben und überlagert wird. Die Zehnjährig­e malt, was sie sieht: Muster, in denen sich die Welt auflöst. Die Halluzinat­ionen begleiten sie ihr Leben lang. Kusamas Mutter zerreißt die Zeichnunge­n ihrer Tochter. Sie zwingt das Kind, seinem Vater hinterherz­uspioniere­n, wenn er seine zahlreiche­n Affären auslebt – die junge Yayoi entwickelt eine Obsession mit und Abscheu gegenüber Sex. Die Eltern dulden, dass Kusama an der Kunsthochs­chule von Kyoto studiert. Doch Japan ist ihr „zu klein, zu autoritäts­hörig, zu frauenfein­dlich“. Mit 27 geht sie nach New York. Wieder muss sie kämpfen: um ihren Platz in einer Kunstszene, die von weißen, amerikanis­chen Männern dominiert wird. Elisa Macellari erzählt die Geschichte ihres Aufstiegs in Rot und Türkis und verwendet Kusamas wichtigste Gestaltung­selemente, die Punkte, mit denen sie Leinwände, Kleider und nackte Menschen bedeckte, die phallusför­migen Skulpturen, die Alltagsgeg­enstände und schließlic­h ganze Räume überwucher­ten, auf kluge Weise als visuelle Metaphern. Sie erzählt von Kusamas Freundscha­ften mit Georgie O’Keefe, Andy Warhol, Salvador Dalí und ihrer intensiven Beziehung zu Joseph Cornell, von ihren Triumphen in der counter culture, ihren Rückzug in die Psychiatri­e und ihre Wiederkehr als Künstlerin. Die Heldin dieses Comics ist heute 92 Jahre alt. Ab dem 19. März zeigen die Berliner Festspiele eine umfassende Retrospekt­ive ihres Lebenswerk­s.

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ELISA MACELLARI: Kusama Übersetzt von Juliane Lochner Laurence King, 128 Seiten, 18 Euro

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