Emmanuel Macron:
Ulrich Wickert über Europas neue Hoffnung
Vor eineinhalb Jahren habe ich mit Emmanuel Macron zu Abend gegessen. Er hat damals prophezeit, dass bei der Präsidentenwahl 2017 Marine Le Pen in die Stichwahl kommt, aber ihr Gegner ganz sicher gewinnt. Dass er selbst antreten will, hat er damals noch mit keiner Silbe erwähnt. So ist es aber gekommen. Emmanuel Macron ist eine gute Wahl für die fünftgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Mit seinen 39 Jahren steht er für Frische und Aufbruch – so wie 1961 John F. Kennedy in den USA, der mit 43 Jahren Präsident wurde.
Als der frisch gewählte französische Präsident am Abend seines Triumphs allein durch den Hof des Louvre schritt zu den Klängen von Beethovens „Ode an die Freude“, zeigte sich sein Talent zur Inszenierung: Aber das ist typisch französisch. François Mitterrand zog 1981 mit Orchester in das Panthéon, die nationale Ruhmeshalle Frankreichs, ein. Die Europahymne, die Macron statt der Marseillaise abspielen ließ, ist kein Zufall: Macron zeigt damit, dass er ein glühender Europäer ist, der an die EU glaubt. Ich glaube, dass er sich mit Angela Merkel ausgezeichnet verstehen kann, die Chemie stimmt, beide sind Pragmatiker. Und Macron mag die Deutschen, er ist wie Helmut Schmidt ein Anhänger des Soziologen Karl Popper und strebte sogar eine Professur an der Hertie School of Governance in Berlin an.
Macron will wie der große Charles de Gaulle über dem Volk stehen, aber es auch repräsentieren. François Hollande wollte ein gewöhnlicher Präsident sein, das mochten die Franzosen ebenso wenig wie die Hibbeligkeit von Nicolas Sarkozy und seine vielen Liebesaffären.
Was Emmanuel Macron sehr nutzte: seine elegante Ehefrau Brigitte, die zur wichtigen Beraterin wurde. Nach Wahlkampfreden hat die künftige Première Dame ihm gesagt, an welchen Stellen das Publikum eingeschlafen sei. Das traut sich ja sonst keiner. Die ehemalige Lehrerin gleicht mit ihrer Erfahrung die Jugendlichkeit ihres Mannes aus. Sie ergänzen sich perfekt. Es ist eine symbiotische Beziehung. Und sie glänzt durch ihren Humor. Sie sagte augenzwinkernd, man müsse ihren Mann unbedingt jetzt wählen, wer weiß, wie sie in fünf Jahren aussehe. So eine souveräne Selbstironie mögen die Franzosen.