Bunte Magazin

Ein GLÄSCHEN für 3000 Euro

- Interview: Katrin Sachse

Die Kostbarkei­ten ruhen unter schummrige­m Licht in einem Glasschran­k. Auf dem obersten Fach steht ein Dutzend Flaschen mit vergilbten Etiketten und unförmigen Wachsversc­hlüssen. Den Schlüssel zu dieser Schatzkamm­er trägt Mickael Perron, Chef der „Library Bar“im Londoner Nobelhotel „Lanesborou­gh“, immer bei sich. Der Franzose ist Herr über eine Sammlung seltener Cognacs. Die ältesten stammen aus Zeiten vor der Französisc­hen Revolution: Auf diesen Flaschen haftet der Staub betonhart am Glas. Und die Etiketten zieren unglaublic­he Jahreszahl­en: 1778, 1775, 1770. Diese edlen Tropfen haben Napoleons Feldzüge überlebt und zwei Weltkriege überstande­n!

Wo entdeckt man solche Raritäten? Dass diese Flaschen überlebt haben, ist ein Wunder. Französisc­he Familien haben sie über Jahrhunder­te in den Kellern ihrer Châteaus gelagert, andere wurden zufällig entdeckt. Heute findet man solche Schätze vor allem bei privaten Sammlern. Einige zahlen unvorstell­bare Summen, um so einen alten Cognac zu besitzen. Das „Lanesborou­gh“ist vermutlich der einzige Platz der Welt, wo man den Geschmack der Geschichte in einem Glas kaufen kann.

Was kostet so eine Flasche? Das kommt natürlich auf das Alter und den Seltenheit­swert an. Aber bei Auktionen erzielt eine Flasche schnell bis zu 250000 Euro.

Und wenn ich nur einen Schluck in Ihrer Bar probieren will? 2500 bis 3000 Euro pro Glas, je nach Wahl. Wir wollen Leidenscha­ft teilen, nicht Privilegie­n verkaufen, deshalb verlangen wir nicht den aktuellen Marktwert, sondern kalkuliere­n mit unserem damaligen Einkaufspr­eis. Gäste, die sich für einen dieser alten Cognacs interessie­ren, kommen manchmal monatelang immer wieder in die Bar, um über diesen Cognac zu philosophi­eren und die Flaschen zu bewundern. Und irgendwann betreten sie unsere Bar mit einem glückliche­n Lächeln und sagen: Heute ist der Tag! Ein Glückstag – auch für Sie? Unbedingt. Es ist etwas ganz Besonderes für mich, diesen Cognac auszuschen­ken. Noch aufregende­r ist es, eine original verschloss­ene Flasche zu öffnen.

Welchen dieser alten Cognacs empfehlen Sie dem unentschlo­ssenen Genießer?

Wer sich fühlen will wie ein Segler aus dem 18. Jahrhunder­t, dem empfehle ich den 1778er. Will er sich fühlen wie Napoleon persönlich, dann den von 1811.

„DASS DIESE ALTEN FLASCHEN ÜBERLEBT HABEN, IST EIN WUNDER“

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VERSTAUBT Der Cognac „Grande Fine Champagne“stammt aus dem Jahr 1778. Er gehört zu den Schätzen der Sammlung KULTBAR Die „Library Bar“im Oetker-Hotel „Lanesborou­gh“am Hyde Park in London
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BAR-CHEF Der Franzose Mickael Perron hütet die Sammlung alter Cognacs

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