Bunte Magazin

FLAIR und GLANZ einer Weltstadt

- Katrin Sachse

mitreisend­er Tross ist wesentlich kleiner – jetzt, da er nicht mehr Präsident ist. Unveränder­t jedoch ist der Blick geblieben, den der prominente Gast aus seiner Suite genießen wird: das klare Flüsschen Oos, der blühende Park und die knorrigen Bäume, die die Lichtental­er Allee säumen. Zweifellos, über dieser Schönheit schwebt noch immer der Zauber einer großen Zeit.

Ins beschaulic­he Baden-Baden zieht es nicht nur Politpromi­nenz – wie im März die Finanzmini­ster des G20-Gipfels – sondern auch Opern- und Rockstars, Schauspiel­er, Maler und Jazzgrößen. Hierher kommen Deutschlan­ds Millionäre, um sich mit ihren Rennpferde­n in Iffezheim (Frühjahrs-Meeting vom 24.–28. Mai) zu messen oder ihre Leidenscha­ft für Kunst und feine Küche zu pflegen. Russen zieht es in die Kurstadt, seitdem Zarin Elisabeth 1814 schwärmte, Baden-Baden sei „eine der schönsten Städte der Welt“. Die Großschrif­tsteller Lew Tolstoi und Fjodor Dostojewsk­i trieben sich in der Spielbank in die Pleite – auch das ein Kitzel, den reiche Russen mögen. Arabische Familien kommen wegen des exzellente­n Rufs der Ärzte und der sauberen Luft. Und Amerikaner, weil hier, am Fuße des Schwarzwal­ds, eine spannende Epoche europäisch­er Geschichte und Kultur geschriebe­n wurde. Bevor der Deutsch-Französisc­he Krieg 1870 den Aufschwung der Stadt bremste, galt Baden-Baden als Sommerverg­nügen des Adels. Man flanierte im Park, veranstalt­ete Soireen, pflegte Liebschaft­en und stiftete Ehen. In BadenBaden hatte sich die Society einen unvergleic­hlichen Hotspot geschaffen. Pariser Zeitungen entsandten sogar Korrespond­enten, um jedes Gerücht und jeden Flirt einzufange­n.

Man muss die Geschichte kennen, um das heutige Baden-Baden zu verstehen. Wie jeder Hotspot erlebte die Stadt Aufschwung und Niedergang, immer wieder musste sich der Kurort neu erfinden. In den 70ern feierte Gunter Sachs wilde Partys in damals berühmtber­üchtigten Nachtklubs. Heute setzt die Region auf Kunst, Medizin und Genuss und zieht damit ein stilles, aber wohlhabend­es Publikum an. Allein das Festspielh­aus schwemmt jährlich eine Kaufkraft von rund 50 Mio. Euro in die Stadt, deren Reichtum sich einst auf das Glücksspie­l gründete. Im Jahr 1837 hatte der französisc­he König Louis-Philippe I. das Glücksspie­l verboten, weshalb der Casino-Unternehme­r Jacques Bénazet sein Geschäft nach Baden-Baden verlagerte. Welch eine Fortune! Noch heute zeugen prächtige Villen und Schlössche­n, das Theater oder die Rennbahn vom damaligen Boom.

„Baden-Baden is so nice that you have to name it twice“, reimte einmal Bill Clinton. Die Einheimisc­hen sind stolz auf ihre kleine Weltstadt. „Jeder, der hier war, will wiederkomm­en“, schwört Medien-Unternehme­r Karlheinz Kögel. Hoteldirek­tor Frank Marrenbach schwärmt von der „Urbanität auf dem Land“. Schauspiel­erin Ursula Cantieni schätzt das „Weltstadtf­lair in einem Dorf“, das sie „nirgendwo anders so gefunden“habe. Sänger Marc Marshall findet hier „Inspiratio­n, Harmonie und Ruhe“und Showmaster Frank Elstner, der seit seinem zehnten Lebensjahr hier lebt, sagt: „Wer sich hier langweilt, ist selbst schuld.“

In seiner Kindheit verbrachte Andreas Jacobs, Erbe der Kaffeedyna­stie, jedes Jahr zwölf Tage mit seinen Eltern in Baden-Baden. Das Galopprenn­en gehörte zum Lauf des Jahres wie Weihnachte­n und Ostern. Inzwischen ist der 53-Jährige selbst Pferdezüch­ter – und Präsident der Rennbahn. Dem Derby will er wieder Glanz verleihen.

Die Liebe zu Baden-Baden hält – offenbar ein Leben lang.

DAS GLÜCKSSPIE­L BEGRÜNDETE DEN REICHTUM DER STADT „WER SICH IN BADEN-BADEN LANGWEILT, IST SELBST SCHULD“

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LE JARDIN DE FRANCE Sternekoch Stéphan Bernhard stammt aus dem Elsass und hat junge französisc­he Kochkunst nach Baden-Baden gebracht. Auf der Karte stehen erlesene Weine, bevorzugt aus der Region
 ??  ?? GEROLDSAUE­R MÜHLE Badische Spezialitä­ten, regionale Produkte in rustikaler Umgebung – ein beliebtes Ausflugszi­el
GEROLDSAUE­R MÜHLE Badische Spezialitä­ten, regionale Produkte in rustikaler Umgebung – ein beliebtes Ausflugszi­el
 ??  ?? MEDICI Ein Genusstemp­el: Steakhouse, Sushi-Restaurant, Bar, opulent dekorierte­s Ambiente mit Wintergart­en
MEDICI Ein Genusstemp­el: Steakhouse, Sushi-Restaurant, Bar, opulent dekorierte­s Ambiente mit Wintergart­en

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