FLAIR und GLANZ einer Weltstadt
mitreisender Tross ist wesentlich kleiner – jetzt, da er nicht mehr Präsident ist. Unverändert jedoch ist der Blick geblieben, den der prominente Gast aus seiner Suite genießen wird: das klare Flüsschen Oos, der blühende Park und die knorrigen Bäume, die die Lichtentaler Allee säumen. Zweifellos, über dieser Schönheit schwebt noch immer der Zauber einer großen Zeit.
Ins beschauliche Baden-Baden zieht es nicht nur Politprominenz – wie im März die Finanzminister des G20-Gipfels – sondern auch Opern- und Rockstars, Schauspieler, Maler und Jazzgrößen. Hierher kommen Deutschlands Millionäre, um sich mit ihren Rennpferden in Iffezheim (Frühjahrs-Meeting vom 24.–28. Mai) zu messen oder ihre Leidenschaft für Kunst und feine Küche zu pflegen. Russen zieht es in die Kurstadt, seitdem Zarin Elisabeth 1814 schwärmte, Baden-Baden sei „eine der schönsten Städte der Welt“. Die Großschriftsteller Lew Tolstoi und Fjodor Dostojewski trieben sich in der Spielbank in die Pleite – auch das ein Kitzel, den reiche Russen mögen. Arabische Familien kommen wegen des exzellenten Rufs der Ärzte und der sauberen Luft. Und Amerikaner, weil hier, am Fuße des Schwarzwalds, eine spannende Epoche europäischer Geschichte und Kultur geschrieben wurde. Bevor der Deutsch-Französische Krieg 1870 den Aufschwung der Stadt bremste, galt Baden-Baden als Sommervergnügen des Adels. Man flanierte im Park, veranstaltete Soireen, pflegte Liebschaften und stiftete Ehen. In BadenBaden hatte sich die Society einen unvergleichlichen Hotspot geschaffen. Pariser Zeitungen entsandten sogar Korrespondenten, um jedes Gerücht und jeden Flirt einzufangen.
Man muss die Geschichte kennen, um das heutige Baden-Baden zu verstehen. Wie jeder Hotspot erlebte die Stadt Aufschwung und Niedergang, immer wieder musste sich der Kurort neu erfinden. In den 70ern feierte Gunter Sachs wilde Partys in damals berühmtberüchtigten Nachtklubs. Heute setzt die Region auf Kunst, Medizin und Genuss und zieht damit ein stilles, aber wohlhabendes Publikum an. Allein das Festspielhaus schwemmt jährlich eine Kaufkraft von rund 50 Mio. Euro in die Stadt, deren Reichtum sich einst auf das Glücksspiel gründete. Im Jahr 1837 hatte der französische König Louis-Philippe I. das Glücksspiel verboten, weshalb der Casino-Unternehmer Jacques Bénazet sein Geschäft nach Baden-Baden verlagerte. Welch eine Fortune! Noch heute zeugen prächtige Villen und Schlösschen, das Theater oder die Rennbahn vom damaligen Boom.
„Baden-Baden is so nice that you have to name it twice“, reimte einmal Bill Clinton. Die Einheimischen sind stolz auf ihre kleine Weltstadt. „Jeder, der hier war, will wiederkommen“, schwört Medien-Unternehmer Karlheinz Kögel. Hoteldirektor Frank Marrenbach schwärmt von der „Urbanität auf dem Land“. Schauspielerin Ursula Cantieni schätzt das „Weltstadtflair in einem Dorf“, das sie „nirgendwo anders so gefunden“habe. Sänger Marc Marshall findet hier „Inspiration, Harmonie und Ruhe“und Showmaster Frank Elstner, der seit seinem zehnten Lebensjahr hier lebt, sagt: „Wer sich hier langweilt, ist selbst schuld.“
In seiner Kindheit verbrachte Andreas Jacobs, Erbe der Kaffeedynastie, jedes Jahr zwölf Tage mit seinen Eltern in Baden-Baden. Das Galopprennen gehörte zum Lauf des Jahres wie Weihnachten und Ostern. Inzwischen ist der 53-Jährige selbst Pferdezüchter – und Präsident der Rennbahn. Dem Derby will er wieder Glanz verleihen.
Die Liebe zu Baden-Baden hält – offenbar ein Leben lang.
DAS GLÜCKSSPIEL BEGRÜNDETE DEN REICHTUM DER STADT „WER SICH IN BADEN-BADEN LANGWEILT, IST SELBST SCHULD“