Bunte Magazin

Dieter Wedel:

Der Starregiss­eur schwärmt für Frauen, die ein Geheimnis haben

- MALLORCA Katrin Sachse (BUNTE) mit Dieter Wedel

Die Sonne scheint, das Meer glänzt unter dem blauen Himmel von Port d’Andratx. Trotzdem – es ist kein glückliche­r Tag, als BUNTE Dieter Wedel, 74, in seinem Stammresta­urant am Hafen trifft. Am Morgen hat der Starregiss­eur („König von St. Pauli“, „Der Schattenma­nn“) vom Tod eines engen Freundes erfahren. Wedel wirkt nachdenkli­ch, erschrocke­n fast. Dennoch, dieser Mann liebt das Leben! Also verdrängt er Wehmut und Traurigkei­t und lässt sich anstecken von einem Gespräch über Themen, die für ihn Leidenscha­ft bedeuten: sein neues Theaterstü­ck über Martin Luther, dessen Charakter er von vier Schauspiel­ern darstellen lässt – und natürlich über die Frauen in seinem Leben.

Wenn Sie selbst die Hauptfigur Ihres Stückes wären, wie viele Schauspiel­er bräuchte es, um Dieter Wedel darzustell­en? Der Eitle gilt wohl nicht nur für Luther, den gäbe es sicher auch für mich. Ebenso erlebe ich in mir manchmal den verzweifel­t Ringenden. Den von seiner eigenen Wahrheit überzeugte­n Mann gäbe es definitiv nicht. Ich lasse mich überzeugen, wenn ich jemanden für kompetent halte und seinen Rat schätze. Der vierte Typ ist der Wutbürger. Diese Eigenschaf­t trifft auf mich nur zu, weil ich sehr jähzornig werden kann. Ich bin aber definitiv kein Wutbürger im politische­n Sinn.

Mögen Sie Ihren Jähzorn? Einige Ausbrüche setze ich gezielt ein, aber manchmal verliere ich leider die Beherrschu­ng. Diese Entgleisun­gen passieren glückliche­rweise seltener, je älter ich werde. Darüber bin ich froh, denn mit meinem Jähzorn setze ich mich oft ins Unrecht, auch wenn ich recht habe. Mein Ton entgleitet dann derart, dass alle um mich herum sagen: Der ist doch unmöglich.

Sie sind gefürchtet wegen dieser Ausbrüche … Ich weiß. Frauen fürchten mich übrigens weniger als Männer.

Warum? Frauen sind vielleicht klüger im Umgang mit mir. Aber so furchtbar schlimm kann ich nicht sein, schließlic­h arbeite ich immer wieder mit denselben Leuten zusammen. Als mein langjährig­er Fahrer sich neulich in die Rente verabschie­dete, haben wir beide sogar geweint.

Vielleicht liegt es daran, dass Sie Frauen lieber mögen als Männer? Frauen interessie­ren mich nur, wenn sie klug sind. Ich hatte ja viele Freundinne­n in meinem Leben und die, die nur hübsch waren, haben mich schnell gelangweil­t. Wenn eine Frau kein Geheimnis hat, mir keine intellektu­elle Herausford­erung bietet, ermüdet mein Interesse sofort.

Kamen Ihre Freundinne­n immer aus der Schauspiel­erei oder waren Sie auch mal in eine Bankerin oder Kindergärt­nerin verliebt? Wo sollte ich die kennengele­rnt haben? Ich wandere von einem Projekt zum nächsten und bin immer nur umgeben von Theater- und Filmleuten. Meine Beziehunge­n entstanden fast immer bei der Arbeit. Wenn man monatelang miteinande­r arbeitet, kommt man sich automatisc­h näher. Und verliebt sich? Natürlich kann das passieren, aber darin liegt auch eine trügerisch­e Gefahr: Eine Schauspiel­erin wird hergericht­et, wie ich es wünsche. Sie spricht die Sätze, die ich geschriebe­n habe, und sie spricht sie so, wie ich sie hören will. Wenn der Dreh vorbei ist, redet sie plötzlich eigenen Text – dann kann es sein, dass ich enttäuscht bin, weil es nicht mehr dem Idealbild entspricht, das ich im Kopf hatte. Da kann die Frau gar nichts dafür. Ihre Lebensgefä­hrtin Uschi Wolters ist seit mehr als 40 Jahren an Ihrer Seite. Hält diese Beziehung, weil sie als Studienrät­in von Anfang an eigenen Text gesprochen hat? Ja, sie war immer unabhängig und das war und ist für mich besonders anziehend. Wir haben uns kennengele­rnt, als ich beim NDR meinen ersten Job hatte und 900 Mark verdiente. Damals habe ich zusätzlich für den Schulfunk geschriebe­n, weil das gut bezahlt wurde. Bei meinen Recherchen halfen mir ein paar Studenten, darunter Uschi. Als ich ihr damals erzählte, dass ich bald einen Film machen würde, hat sie mir das nicht geglaubt und mich für überspannt gehalten. Was bedeutet Ihnen diese Beziehung? Das ist etwas, was man nicht beschreibe­n kann, das ist über Jahre gewachsen. Wenn Uschi etwas zustoßen würde, wäre das für mich kaum zu verkraften. Sie war immer an meiner Seite. Sie hat mich immer verteidigt bis aufs Blut.

Hat Sie Ihnen nie die Pistole auf die Brust gesetzt? Nie. Im Gegensatz zu einigen Freundinne­n, die verlangt haben, ich solle mich entscheide­n. Ich habe jeder Frau ehrlich gesagt, dass ich sie nie heiraten werde. Uschi hat in einem Interview mal gesagt, lieber habe sie mich zur Hälfte als einen Langweilig­en ganz. Das hat mich sehr berührt. Wie ändert sich die Liebe im Laufe des Lebens? Wenn man Glück hat, entsteht eine ganz tiefe Verbundenh­eit. Es ist ein unglaublic­hes Privileg, jemandem vorbehaltl­os vertrauen zu können. Uschi ist meine wichtigste Gesprächsp­artnerin, sie liest meine Stücke immer als Erste. Wenn ich erkenne, dass sie über eine Szene nicht lacht, die lustig sein soll, dann weiß ich, dass es auch die Zuschauer nicht lustig finden.

Trotz ihrer 40 gemeinsame­n Jahre haben Sie nie geheiratet? Das hat sich nicht ergeben. Ich habe aber dafür gesorgt, dass es ihr an nichts fehlen wird, wenn ich nicht mehr bin.

Sind Sie misstrauis­ch? Ich versuche, Menschen zu schonen, und hoffe, dass sie es auch mit mir tun. Ich kann durchaus verzeihen. Aber wenn mich jemand wirklich enttäuscht, dann ist es aus.

Sie kritisiere­n das Fernsehen seit Langem. Keine Besserung in Sicht? Ich finde, das Fernsehen der öffentlich-rechtliche­n Sender hat eine unglaublic­he Qualität, was den Journalism­us anbelangt, Reportagen, Dokumentat­ionen, auch Talkshows. Was mich wirklich nervt: Im fiktionale­n Bereich hat man den Eindruck, es läuft immer der gleiche Krimi. Will das Publikum wirklich nichts anderes? Die Fernseh-Verantwort­lichen denken, dass Leute, bei denen das Gebiss wackelt, immer nur Süppchen schlürfen wollen. Muss man denen nicht auch mal was anderes servieren, damit sie sich durchbeiße­n?

Ihre Filme und Theaterstü­cke widerspieg­eln immer auch die gesellscha­ftliche Realität. Was bewegt Sie in der heutigen Zeit? Ich hätte vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten, in welchem Zustand die Welt heute ist. Ich hätte nie geglaubt, dass wieder die Gefahr eines Krieges drohen könnte. Ich hoffe aber, dass gerade nach der Brexit-Abstimmung viele Menschen verstanden haben, dass man sich um Politik kümmern muss. Sonst bekommt man das, was man nicht will.

Mit seinen Thesen hat Martin Luther 1517 den Ablasshand­el der katholisch­en Kirche angeprange­rt. Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod? Alles andere wäre zu banal.

„FRAUEN INTERESSIE­REN MICH NUR, WENN SIE KLUG SIND“

 ??  ?? SALON Seine Vertraute OHNE TRAUSCHEIN Seit über 40 Jahren teilt Dieter Wedel sein Leben mit Uschi Wolters in Hamburg. Die Lehrerin ist seine Ratgeberin und managt sein Leben
SALON Seine Vertraute OHNE TRAUSCHEIN Seit über 40 Jahren teilt Dieter Wedel sein Leben mit Uschi Wolters in Hamburg. Die Lehrerin ist seine Ratgeberin und managt sein Leben
 ??  ?? Inzwischen getrennt OFFIZIELLE LIEBE Schauspiel­erin Dominique Voland, Mutter seines jüngsten Kindes, war lange Lebensgefä­hrtin Nr. 2. Mit ihr lebte er in seinem Haus auf Mallorca
Inzwischen getrennt OFFIZIELLE LIEBE Schauspiel­erin Dominique Voland, Mutter seines jüngsten Kindes, war lange Lebensgefä­hrtin Nr. 2. Mit ihr lebte er in seinem Haus auf Mallorca
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