Prinz William:
Berührend spricht er über den Tod seiner Mutter
Trauer ist der Preis, den wir für Liebe zahlen müssen. „Ja, absolut“, stimmt Prinz William, 35, dem Satz des Interviewers nachdenklich zu. Das Zitat stammt von seiner Großmutter. Die Queen, 91, äußerte es nach den Anschlägen vom 11. September, und Journalist Alastair Campbell, 60, borgte es sich für sein Interview mit dem Prinzen aus.
Seit man William neben Bruder Prinz Harry, 32, hinter dem mit weißen Rosen geschmückten Sarg der Mutter hertrotten sah, fragt man sich, wie der damals 15-Jährige dieses Lebenstrauma bewältigt hat. Welchen Preis er zu zahlen hatte für die Liebe seiner Mutter Prinzessin Diana.
20 Jahre war diese Frage in Großbritannien ein Tabu. Kein Journalist hätte je danach zu fragen gewagt. Jetzt aber, wo sich der Jahrestag des tödlichen Unfalls am 31. August 1997 in Paris nähert, wagt William den Schritt in die Öffentlichkeit und bricht im britischen Magazin „GQ“sein jahrzehntelanges Schweigen. Ergreifend offen erzählt er, welche Wunden der Tod der Mutter bei ihm hinterlassen hat, was für ein Mensch sie wirklich war und wie weh es tut, dass sie nicht erleben kann, wie Prinz George, 3, und Prinzessin Charlotte, 2, aufwachsen.
Kurz nach dem Interview passierten die grauenhaften Terroranschläge: erst in Manchester, dann London City. Der Prinz reiste umgehend dorthin (kl. Foto) – seine Anteilnahme bedeutete den Betroffenen unendlich viel, denn dieser Repräsentant der Krone weiß, wie sich ein plötzlicher Verlust anfühlt.
Diana fehlt ihm. Sie fehlt ihm und seinem Bruder Harry jeden einzelnen Tag. William dazu: „Man sagt, Zeit heilt alle Wunden. Ich glaube nicht daran. Zeit hilft vielleicht, dass man lernt, besser damit umzugehen. Aber es heilt niemals ganz.“
Das Interview im Magazin „GQ“führte Alastair Campbell, Spin-Doctor des früheren britischen Premierministers Tony Blair, 64, und bekennender Antimonarchist. Als Kolumnist schrieb er in den 1990er-Jahren die bösesten Dinge über Diana. William hat ihn bewusst ausgewählt. Es sollte kein süßliches Tränen-Interview werden. Und es sollte ein Testballon sein, ob er, der künftige König, einen Monarchie-Gegner für sich gewinnen kann. Es wäre ein Zeichen für den Fortbestand der Monarchie. Denn 2017 ist nicht nur das große „Diana-Jahr“, sondern auch das Jahr, in dem das britische Königshaus am Scheideweg steht: William und Kate, 35, sollen ab September „full time“royale Aufgaben übernehmen, die Queen wird schrittweise kürzertreten. Bislang galt eine Abdankung als undenkbar. Doch den Rückzug ihres Ehemanns Prinz Philip, 96, und Williams und Kates Pflichtversetzung von Anmer Hall nach London deuten viele als Vorzeichen: Die Queen wolle noch zu Lebzeiten den Übergang in die nächste Generation sicherstellen. Thronfolger Prinz Charles, 68, ist beileibe kein Superstar im Königreich und die Monarchie in extrem schwierigen wirtschaftlichen Zeiten kein Selbstläufer. Prinz William rührt mit diesem Interview auch die Werbetrommel für ein junges, modernes Königshaus. Diese Motivation dahinter nimmt seinen Worten über Diana nichts an Authentizität oder Wärme. Im Gegenteil – im Grunde führt er damit ihr Vermächtnis der Volksnähe fort, für die sie die Menschen so liebten.
Oft stellt sich der Sohn heute die Frage, wie seine Welt aussähe, wäre Diana noch an seiner Seite: „Ich hätte sie so gern als Ratgeberin. Ich wünschte, sie hätte Catherine kennenlernen dürfen und sehen können, wie die Kinder aufwachsen. Es macht mich traurig, dass sie es nicht kann und dass die Kinder ihre Großmutter niemals sehen werden.“
Seine Trauer ist ein grausamer Sonderfall: Die ganze Welt schaute ihm bei diesem sensiblen, intimen Prozess zu. Der Prinz erinnert den Tag des 6. September 1997 noch genau, als Dianas Sarg durch London zur Trauerfeier nach Westminster Abbey rollte und er und sein Bruder dahinter liefen. Unter Tausenden Menschen und doch mutterseelenallein: „Es war mit das Schlimmste, was ich je machen musste. Für mich war es in der Situation reiner Selbsterhaltungstrieb, nicht zu weinen. Wie hätte es ausgesehen, wenn ich den ganzen Weg in Tränen aufgelöst gewesen wäre? Es war sehr schwer, die ganzen Emotionen um mich herum auszuhalten. Ich bin ein sehr privates Wesen. Um mich herum weinten die Menschen, schluchzten lautstark, warfen Dinge und fielen in Ohnmacht.“
Die Familie hatte ihn und Bruder Harry nach der Todesnachricht im schottischen Schloss Balmoral vom Rest der Welt abgeschottet. Von der weltweiten Welle der Trauer und den herzzerreißenden Szenen, die sich auf Londons Straßen abspielten, „haben wir nicht das Geringste mitbekommen“. Die Menschheit hatte eine Ikone, eine strahlende Lichtgestalt verloren. Anders empfand William: „Ich hatte meine Mum verloren.“
„ES MACHT MICH TRAURIG, DASS IHRE ENKEL SIE NIE SEHEN WERDEN“