Bunte Magazin

KRISENGIPF­EL Er muss sein Gesicht zeigen

- Katrin Sachse

Persönlich­e Dramen bleiben im Blick eines Menschen hängen. So wie bei Anton Schlecker. Seit März muss der Gründer der Drogeriema­rktkette, dem betrügeris­cher Bankrott vorgeworfe­n wird, jede Woche das Spalier der Fotografen und Neugierige­n im Stuttgarte­r Landgerich­t durchlaufe­n. Während er in Saal 18, einem dunklen Raum mit tief hängender Decke, auf der Anklageban­k sitzt, sezieren Dutzende Zuschauer – darunter immer auch einige Schlecker-Frauen – jede Mimik und jeden Seufzer des Pleitiers. Schlecker, einst Patriarch und pingeliger Chef, muss sich alle Nuancen seines Fehlverhal­ten vorhalten lassen. Reden darf er nur, wenn der Richter ihm das Wort erteilt.

Jede einzelne Stunde scheint den 72-Jährigen zu quälen, man sieht es ihm an. Der einstige „Drogeriema­rktkönig“, der früher schrille Hemden trug und die dünnen Haare in ein seltsames Rotblond färbte, ist seit Prozessbeg­inn sichtlich gealtert: das Haar schlohweiß, leere Augen, fahle Haut und die gebeugte Haltung eines Mannes, dem Leid auf den Schultern lastet.

Als Schlecker ein Imperium mit 14000 Filialen in 17 Ländern regierte, lebte er nahezu unsichtbar. Seinen Reichtum genoss er hinter hohen Mauern. Heute, am Tiefpunkt seines Lebens, muss der gefallene König sein Gesicht zeigen: In seinen Augen sieht man die Angst eines Mannes, dem Gefängnis droht.

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ANGEKLAGT Anton Schlecker

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