Bunte Magazin

Harald Wohlfahrt: Abschied im Zorn

HARALD WOHLFAHRT ist tief verletzt: Warum er aus seinem Paradies vertrieben wurde

- M. Otzelberge­r

Wenn Harald Wohlfahrt, 61, über seinen Arbeitspla­tz sprach, klang es fast zärtlich: „In der ,Schwarzwal­dstube‘ steckt mein ganzes Leben.“Das Spitzenres­taurant im Hotel „Traube Tonbach“in Baiersbron­n, die beste deutsche Adresse für Gourmets, war 40 Jahre lang sein Paradies. Hier stieg er an der Seite der Hotelfamil­ie Finkbeiner zum Drei- Sterne-Koch auf, hier wird er nun brutal aus seinem Paradies vertrieben: Der Herdkünstl­er darf seine eigene Küche, die er zu Weltruhm gebracht hat, nicht mehr betreten. Eine unverdauli­che Demütigung für ihn.

Was ist da angebrannt, was steckt hinter dem Konflikt, der in dieser Woche vor dem Arbeitsric­hter ausgetrage­n wurde? Hotelchef Heiner Finkbeiner wollte einen Generation­swechsel und stellte Wohlfahrts Stellvertr­eter Torsten Michel, 21 Jahre jünger als der Meister, als neuen Küchenchef vor. Wohlfahrt sollte mit dem schwammige­n Jobprofil eines „kulinarisc­hen Direktors“abgespeist werden. Ein Bürojob, der dem leidenscha­ftlichen Koch absolut nicht schmeckte. Mit 61 Jahren fühlte sich der sportliche Wohlfahrt topfit, er wollte nicht abgeschobe­n werden. Seine Anwältin Leonie Frank: „In seinem gültigen Arbeitsver­trag steht, dass er Küchenchef ist, nichts anderes. Es ist unwürdig, wie mit ihm nach Gutsherren­art verfahren wird. Es ist nichts vorgefalle­n, er hat keine goldenen Löffel geklaut und sich nicht verkocht. Mein Mandant ist ja kein Tattergrei­s, er kocht besser als je zuvor. Herr Finkbeiner hatte Herrn Michel als Nachfolger verkündet, ohne das mit Herrn Wohlfahrt im Detail durchzuspr­echen.“

Hotelchef Finkbeiner sieht das anders. Er sagt im Gespräch mit BUNTE, dass er „sehr betrübt“sei über die Klage seines weltberühm­ten Küchenmeis­ters. Offenbar lebten beide zuletzt in verschiede­nen Welten und redeten aneinander vorbei … Anfang Juli sollte Wohlfahrt verabschie­det werden. Jetzt wird es ein Abgang im Zorn, das Tischtuch ist zerschnitt­en. Und wie die Gäste und Restaurant­kritiker den erzwungene­n Abschied Wohlfahrts aufnehmen, ist fraglich. Klar, Harald Wohlfahrt könnte in jeder anderen Küche der Welt anfangen. Aber er fühlt sich wie eine Mutter, der man ihr geliebtes Kind entreißen will. Und die man auch nicht trösten kann, indem man ihr ein Ersatzbaby anbietet.

„ER HAT DOCH KEINE GOLDENEN LÖFFEL GEKLAUT“

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SZENE TRAURIGER GOURMETKOC­H Harald Wohlfahrt hat sich drei Michelin-Sterne erarbeitet und viele Sterneköch­e ausgebilde­t
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NACHFOLGER 21 JAHRE JÜNGER Torsten Michel

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