Matthias Mey:
Zum 90. Geburtstag des schwäbischen Wäschelabels MEY spricht der Chef über Erfolg, Misserfolg und die Zusammenarbeit in der Familie
Der Chef des Wäschelabels über Erfolg und Zusammenhalt
Was er verkauft, ist bester Stoff. Für seine Produkte greift man auch gern mal tiefer in die Tasche – und dabei sind seine Textilien auf den ersten Blick nicht mal zu sehen: Matthias Mey, 44, ist so etwas wie ein Ausnahmetalent der Wäschebranche und zieht mit seinen Unterhemdchen, BHs, Slips und Unterhosen Fans aus ganz Europa an.
Im Schwabenland, quasi dem Silicon Valley der deutschen Textilindustrie, hat er im Familienbetrieb Mey vor vier Jahren das Ruder übernommen und führt an der Seite seines Bruders Florian Mey, Cousin Markus Mey und Roland Kull die Geschäfte in dritter Generation. Dabei ist er äußerst erfolgreich: 2018 hat Mey (ausgesprochen wie das Ei) die 90-Millionen-EuroUmsatzmarke geknackt – und feiert das pünktlich zum 90. Geburtstag des Unternehmens.
Die Weichen hatte die Familie bereits früh gestellt: Sein Großvater Franz Mey gründete die Firma 1928, sein Onkel Albrecht Mey baute das Unternehmen auf und führte es später zusammen mit Dietmar Mey, dem Vater von Matthias Mey, gemeinsam. Bis heute profitieren Matthias Mey und seine über 1000 Mitarbeiter von deren Pionierleistungen: der Produktion von Wäsche, die ausschließlich unter dem eigenen Namen produziert wird. Ohne dass sie Lizenznehmer wären oder dem Zwang unterworfen sind, möglichst schnell wachsen zu müssen.
Im Mittelpunkt steht für Matthias Mey nicht die eigene Leistung (da dominiert seine schwäbische Bescheidenheit). Die Stars sind seine Produkte, die er „fantastisch“nennt, weil sie aus feinster, von Hand in Peru gepflückter Pima-Baumwolle gefertigt werden und bis zum fertigen Design höchsten Qualitätsanforderungen standhalten müssen. Sie sind für ihn der Schlüssel zum Erfolg.
BUNTE hat den Unternehmer in Albstadt, BadenWürttemberg, besucht und ihm beim Gang durch das Unternehmen über die Schulter geschaut.
SEINE BAUMWOLLE STAMMT AUS PERU
14 Jahre lang haben Sie für die Holy Fashion Group in der Schweiz gearbeitet. Warum sind Sie nicht sofort als Geschäftsführer bei Mey eingestiegen? Eigentlich war es für mich kein Thema! Es ging mir gut in der Schweiz und deshalb glaubte auch keiner, dass ich je zu Mey wechseln würde. Die meisten wussten nicht einmal, dass ich aus dieser Familie stamme.
Was nahmen Sie sich dann als neuer Chef vor? Für mich war Mey wie ein Rohdiamant, welcher geschliffen werden musste. Ich wusste, da steckt noch viel mehr drin. Heute sind wir wohl das einzige Markenunternehmen in Deutschland, welches so erfolgreich Damen und Herrenwäsche, Nachtwäsche und Dessous unter einer Dachmarke entwickelt, fertigt und vertreibt.
Welches ist Ihr Baby, auf das Sie besonders stolz sind? Auf die Erfindung des „Drunterhemds“– ein funktionelles BusinessUnterhemd, mit dem „Mann“auch in heißen Situationen cool bleibt. Spezielle Einsätze und technische Features verhindern Schweißflecken und Geruchsbildung im Achsel und Nackenbereich.
Trotz ständig wachsender Umsätze: Sind Sie mit einem Produkt auch mal auf die Nase gefallen? Scheitern gehört zum Erfolg von innovativen Unternehmen. 2007 sind wir beispielsweise hervorragend mit Dessous im Markt gestartet, aber wir mussten aufgrund von anfänglichen Passformproblemen zuerst einiges an Lehrgeld bezahlen. Es hat Jahre gedauert, das Vertrauen der Kundinnen in diesem Bereich zu gewinnen. 2014 hatten wir dann den Durchbruch mit dem „Blusenwunder“, einem innovativen SpacerBH – heute bei vielen Kundinnen Synonym für unsere Marke. Heute gehören wir in Deutschland zu den Top 5 der Dessousmarken im gehobenen Fachhandel. Was waren Ihre Lehren daraus? Es gehört dazu, sich ab und zu ein blaues Auge zu holen. Mir ist wichtig, dass man keine Angst vor Fehlern hat und immer wieder aufsteht und sagt: weiter, weiter, weiter.
Haben Sie etwas vom Arbeitsstil Ihrer Vorgänger übernommen? Innovation. Besonders mein Onkel und mein Vater waren sehr kreativ und haben stets an grundlegenden Neuerungen gearbeitet. Dies ging so weit, dass wir sogar Maschinen entwickelt haben, mit welchen Stoffe für unsere speziellen Anforderungen erst hergestellt oder bearbeitet werden konnten.
Gibt es Produkte von Ihnen, die nicht totzukriegen sind? Ja, wir haben von einer Kundin kürzlich Post bekommen, die eine Stellungnahme forderte, weil die lange Unterhose ihres Mannes aus dem Jahr 1982 nun Löcher hat. Da sieht man, wie emotional die Bindung zur Marke ist und welche hohen Anforderungen die Kunden an uns stellen.
Sie teilen sich die Geschäftsführung mit Ihrem Bruder Florian Mey, Cousin Markus Mey und Roland Kull. Funktioniert die Zusammenarbeit innerhalb der Familie? Es ist nicht immer nur alles Friede, Freude, Eierkuchen. Wir streiten innerhalb der Geschäftsführung und des Managements schon ab und zu über so manches. Erst letzte Woche sagte mein Bruder beispielsweise zu mir: „Super Idee, aber damit bringst du mir mal wieder die gesamte Produktion durcheinander.“Konstruktiver Streit in der Sache gehört zu unserer heutigen Kultur und das haben wir deswegen in unser Leitbild aufgenommen. Grundsätzlich ist unser Verhältnis sehr gut und wir sind alle stets am langfristigen Erfolg des Unternehmens interessiert. Wir haben großartige Mitarbeiter und sind ein starkes Team, wichtige Entscheidungen treffen wir ohnehin gemeinsam.
Wenn die nächste Generation von Ihnen erzählen wird: Was würden Sie gern hören? Er hat in seiner Amtszeit das Unternehmen sehr erfolgreich weiterentwickelt und hatte viel Spaß dabei.
Was wünschen Sie Mey für die nächsten 90 Jahre? Mey entwickelt sich weiterhin zu einer international begehrten Bodywear und LifestyleMarke. Ich wünsche mir, dass wir auch in 90 Jahren noch erfolgreich am Markt existieren. Hier denken wir als Familienunternehmen nicht nur in Jahresabschlüssen, sondern in Generationen.
VOM LANGBEINSCHLÜPFER ZUM SPACER-BH