ROLAND KOCH
ROLAND KOCH Hessens früherer CDU-Ministerpräsident redet in BUNTE offen über seine neue Lebensqualität außerhalb der Politik und verrät, dass er und seine Anke im Sommer erstmals Großeltern werden
Ein Parteifreund gab ihm den Tipp, er solle sich die US-Serie „House of Cards“ansehen, dort würde „endlich mal die politische Realität abgebildet“, erzählt Roland Koch BUNTE, als wir uns in seinem Anwaltsbüro im Frankfurter Westend treffen. Er schmunzelt. „Danach stellte ich mir die Frage, was mein Umfeld wohl von mir dachte, als ich noch in der aktiven Politik war? Der Präsident in ‚House of Cards‘ bringt seine Geliebte um und ist auch sonst an Gemeinheiten nicht zu überbieten.“
Dabei blickt Roland Koch, bis 2011 Hessens Ministerpräsident, „ausschließlich“liebevoll zurück auf seine politische Zeit. „Ich habe fast 40 Jahre Politik gemacht und möchte keinen Tag davon missen“, sagt er. „Aber heute blicke ich mit großer Neugierde nach vorn. Deshalb käme für mich ein politisches Comeback nicht infrage. Ich bin dankbar, den richtigen Moment fürs Aufhören gefunden zu haben, und empfinde es als Privileg, beruflich nicht auf Politik reduziert zu werden. Mein Wechsel in die Wirtschaft und meine heutige Arbeit als Wirtschaftsanwalt und Professor an der Frankfurt School of Finance bringen genauso viel Spannung, Durcheinander und Herausforderung mit sich, wie ich sie als Ministerpräsident hatte.“
Gerade hat der Familienvater seinen 60. Geburtstag gefeiert. „Ich wünschte mir von meiner Frau eine große Grillstation. Wir diskutieren seit Jahren darüber, ob ich so ein Ding wirklich brauche. Nun sage ich: Ja, ich brauche genau so einen Grill. Mit 70 oder 80 bin ich dafür vielleicht zu alt.“Ansonsten sei ihm die runde Zahl nicht wichtig. „Ich habe kein Problem mit dem Alter. Im Gegenteil. Ich bin absolut mit mir im Reinen und fühle mich persönlich wie gesundheitlich fit und vital. Wenn ich es schaffe, einen Bogen um Schokolade zu machen, halte ich auch mein Gewicht. Und heute früh war ich bereits um kurz nach sechs Uhr im Fitnessstudio“, erzählte er BUNTE.
ZUM 60. GEBURTSTAG HAT ER SICH EINE GRILLSTATION GEWÜNSCHT
Ist Sport jetzt Ihre neue Leidenschaft? Bei mir ist es eher ein „Ich muss was tun“und nicht, wie bei vielen meiner Freunde, eine echte Lust. Ich wurde noch nie unruhig, wenn ich mal eine Woche keinen Sport gemacht habe. Aber seit einer Bandscheibenoperation muss ich regelmäßig was tun: Schwimmen und Gewichte für Bauch und Rücken. Ich akzeptiere, dass es zu meinem Lebensalter gehört, dass eine gewisse Eigenfürsorge nicht dumm ist, und so versuche ich, mich zu disziplinieren. Auch, was Süßigkeiten angeht. Zum Geburtstag gab es ausnahmsweise etwas mehr Kuchen von meiner Frau.
Sie sind seit 35 Jahren skandalfrei verheiratet. Ist Ihre Frau Anke die beste Entscheidung Ihres Lebens? Unsere Hochzeit war sicher die für mich lebenswichtigste, glücklichste Entscheidung. Das Leben, das ich führe, ist für den Partner nicht immer einfach und erfordert ein Übermaß an Verständnis. Ohne diesen Rückhalt kann man diesen Raubbau an eigener Zeit, aber auch an Bewegungsfreiheit des Partners nicht hinbekommen. Insofern sind wir beide der Meinung, dass wir miteinander Glück gehabt haben.
Sie erzählten mal, Ihre Frau wolle im Bus durch Südamerika reisen. Haben Sie ihr diesen Wunsch erfüllt? Noch nicht. Im Herbst waren wir in Vietnam, davor in Neuseeland. Wir sind auch häufig in den Vereinigten Staaten – obwohl ich froh bin, in einem Land zu leben, in dem es nicht so leicht möglich ist, dass jemand wie Donald Trump Präsident werden könnte. Meine Frau behauptet zwar, dass unsere Urlaube wegen meiner beruflichen Verpflichtungen immer noch viel zu kurz seien. Aber wir sind auf einem guten Weg und wollen noch viel von der Welt sehen.
Ist Ihre Frau eine starke Frau? Ja, sonst überlebt man in meiner Nähe wahrscheinlich nicht. Anke musste ja alles allein bewältigen, was andere Paare gemeinsam machen. Damit meine ich nicht nur die Kindererziehung. Sondern alles, was im Haus gebaut und in der Familie organisiert werden musste. Zudem musste sie sich auch durchsetzen gegen jemanden, der komplett fremdbestimmt war. Sie hat stets dafür gesorgt, dass unsere Familie wie Freunde geeint sind und niemand zu kurz kommt, auch wir als Ehepaar nicht.
Rund die Hälfte der mächtigsten CDU-Positionen im politischen Berlin haben Frauen inne. Gefällt Ihnen das? Ich finde es eine extrem positive Entwicklung und bin stolz auf die CDU. Was nicht heißt, dass es immer so bleiben muss. Mir gefällt, dass wir in der Normalität angekommen sind, in der es nicht mehr wichtig ist, ob ein Mann oder eine Frau einen wichtigen Job macht. Entscheidend ist, wer dafür besser geeignet ist.
Auf Ihrem Sideboard im Büro steht auch ein Foto, welches Sie mit Angela Merkel zeigt; die Kanzlerin hat darauf eine persönliche Widmung geschrieben. Haben Sie noch Kontakt? Wir reden miteinander und tun das auch sehr offen. Aber wir treffen uns natürlich nicht täglich. Wenn sie Rat sucht, bekommt sie ihn, und wenn ich einen Hinweis habe, darf ich ihn ihr auch geben.
Ist die CDU von heute noch Ihre Partei? Klar doch. Das ist voll meine Partei. Aber bei uns läuft ja nicht alles gleichförmig, das wäre ja auch völlig unspannend. Die CDU steht für unterschiedliche Schwerpunkte. Es gibt liberale, christlich-soziale oder konservative Wurzeln. Ich weiß um die Notwendigkeit von Kompromissen, die eine Partei leisten muss. Dazu bin ich auch fröhlich in der Lage. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass Parteien wieder über Politik reden. Wenn keine unterschiedlichen Meinungen mehr gezeigt werden, geht ein Stück Prägung und Fügung verloren und das ist schlecht für unser Land.
Sie sind Vater zweier Söhne. Mein Ältester ist 31, der Jüngere 30. Einer arbeitet als Anwalt im Bereich Datenschutz und IT-Sicherheit und als Unternehmer in diesem Feld, der andere als Ingenieur in der Luftfahrt. Wir haben ein enges Verhältnis, reden viel über die Welt, wie sie heute ist. Ich finde die jungen Menschen von heute unglaublich spannend und kreativ und blicke mit Faszination auf die Chancen, die uns, und vor allem den Jungen, die Technik in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bringen wird. Ich kann auch nicht bei jeder neuen Entwicklung, die uns der Computer bringt, als Erstes an Datenschutz denken. Ich akzeptiere, dass es den geben muss. Aber er ist nicht Zentrum meines Lebens, sondern das ist die Freiheitserweiterung durch das, was Menschen durch immer mehr Technik und Erfindung im Laufe ihres Lebens gesehen haben.
Sie und Ihre Frau werden im Sommer erstmals
„WIR FREUEN UNS MIT SOHN UND SCHWIEGERTOCHTER AUFS BABY“
Großeltern. Ja. Es wird spannend. Meine Frau und ich freuen uns mit Sohn und Schwiegertochter sehr auf das Baby. Zumal wir jetzt noch jung genug sind, um mit dem Kleinen möglichst viel zu erleben und zu reisen, vom Zoobesuch bis zum Fußball.
Sie verdienen in der freien Wirtschaft wesentlich mehr als in der Politik. Gönnen Sie sich heute mehr Luxus? Wir haben unser Leben nicht wesentlich verändert. Meine Frau und ich waren stets der Meinung, von dem Politikereinkommen gut und ordentlich leben zu können. Wir hatten nie Anlass, uns zu beschweren. Natürlich hat das Einkommen, welches in der Wirtschaft bezahlt wird, vor allem unsere Sicherheit für das Alter verbessert. Wir sind dadurch in ökonomischer Hinsicht unabhängiger geworden.