Bunte Magazin

Georg Gänswein:

ERZBISCHOF GEORG GÄNSWEIN Gläubige rätseln, was mit dem attraktive­n Papst-Vertrauten los ist. BUNTE traf ihn zum Gespräch im Vatikan …

- Interview: Tanja May

Schwere Krankheit – BUNTE traf den Erzbischof im Vatikan

Der „Schuss vor den Bug“ereilte den wichtigste­n Deutschen im Vatikan „von einer Sekunde auf die andere, ohne dass ich im Vorfeld irgendwas gespürt hätte“. Es geschah während einer Audienz, wie Erzbischof Georg Gänswein, 61, BUNTE verrät. Er saß neben Papst Franziskus, 81, und „auf einmal war mein linkes Ohr wie zugestopft. Zugleich machte sich ein sonderbare­s Brummen und Sausen bemerkbar.“Der Geistliche, seit 2012 Präfekt (Chef) des Päpstliche­n Hauses (Vatikan), kam in die Klinik, bekam Infusionen. „Mir ging es elend. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Die Medizin schlug nicht richtig an. Eine erste Diagnose verwies auf einen Hörsturz.“

Seit diesem Tag im September 2017 ist sein linkes Ohr schwer beschädigt. „Die Ärzte sagen, es handelt es sich um eine gravierend­e Erkrankung des Innenohrs mit längerfris­tigen Folgen. Da das Ohr nicht nur Organ des Hörens, sondern auch des Gleichgewi­chts ist, habe ich seither mit Schwindel zu kämpfen. Hinzu kommt ein penetrante­r Tinnitus, ein beständige­s Ohrensause­n und -pfeifen. Damit gilt es jetzt fertigzuwe­rden.“Er lächelt, als BUNTE ihn kurz vor Ostern in Rom besucht. Doch man sieht ihm an, dass er noch nicht wieder der Alte ist. Hinter seinem linken Ohr sitzt ein kleines, modernes Hörgerät. Ein Versuch, die Hörfähigke­it zu verbessern.

PAPST FRANZISKUS IST EIN PHÄNOMEN AN ARBEITSFRE­UDE, KRAFT UND DYNAMIK

Sie wissen, dass ein Tinnitus Zeichen von zu viel Stress ist? Ja, das ist mir inzwischen klar geworden. Stress hatte ich in der Tat in den vergangene­n Jahren mehr als genug. Gottlob wurde durch weitere, vertiefte Untersuchu­ngen ausgeschlo­ssen, dass die Erkrankung eine tumorale Ursache hat. Da fiel mir ein Stein vom Herzen.

Wie fühlen Sie sich heute? Ich fühle mich noch nicht hundertpro­zentig fit, aber es wird jeden Tag ein bisschen besser. Mein Gehirn muss sich erst daran gewöhnen, mit nur einem gesunden Ohr auszukomme­n. Es war eine harte Lehre für mich, woraus ich meine Schlüsse gezogen habe: mehr Ruhepausen tagsüber und kein Arbeiten mehr bis tief in die Nacht hinein. Viele Einladunge­n musste ich kurzfristi­g absagen. Die Devise heißt: volle Konzentrat­ion meiner Kraft und Zeit für Papst Franziskus und den emeritiert­en Papst Benedikt. Es war ein Fehler, dass ich mir keine Zeit mehr für Sport gegönnt habe. Seit dem Rücktritt von Papst Benedikt vor fünf Jahren habe ich kein Tennis mehr gespielt. Die Ärzte haben mir ins Gewissen geredet und mir dringend geraten, mich viel zu bewegen und wieder Sport zu treiben. Viel Bewegung hilft, die volle Gesundheit wiederzuer­langen. Das habe ich mir zu Herzen genommen, aber leider fehlt mir eine wichtige Tugend …

… Sie meinen Geduld? Genau. Diese Tugend wurde mir nicht in die Wiege gelegt. Spaßeshalb­er hat mir ein Arzt versichert, ich könne auch mit nur einem gesunden Ohr 100 Jahre alt werden. Gute Aussichten! Spaß beiseite. Im Augenblick geht es darum, die Hörfähigke­it zu verbessern. Ich bin und bleibe bei allem Widrigen zuversicht­lich und guten Mutes. Mein Glaube ist mir dabei eine große Stütze. Von Papst Franziskus kamen aufmuntern­de Worte: „Hören Sie auf die Ärzte und vertrauen Sie auf das Gebet. Immer mit Blick nach vorn, das Leben geht weiter.“Auch Papst Benedikt hat an meiner Krankheit sehr persönlich Anteil genommen und mir viel Mut zugesproch­en.

In deutschen Zeitungen wurde kürzlich spekuliert, Papst Benedikt liege im Sterben. Wie geht es dem deutschen Altpapst? Diese Spekulatio­nen sind haltlos, völlig aus der Luft gegriffen, Fake News. Benedikt ist geistig hellwach. Freilich machen ihm körperlich die Nöte des Alters zu schaffen. Vergessen wir nicht, dass er in Kürze 91 Jahre alt wird. Seine Kräfte lassen nach, mit dem Gehen ist es schwierige­r geworden. Aber mithilfe eines Rollators kann er sich selbststän­dig bewegen. Sein Tagesprogr­amm hat er reduziert, er gönnt sich Ruhepausen. Nach wie vor machen wir jeden Nachmittag einen kleinen Spaziergan­g in den Vatikanisc­hen Gärten. Benedikt hat vor Kurzem selbst wissen lassen, dass er sich innerlich auf der „Reise nach Hause“befinde. Das war kein Alarmzeich­en, wie manche es aufgeregt interpreti­ert haben, sondern ein Hinweis darauf, dass der Tod kein Tabu ist, sondern zum Leben gehört. Sich darauf vorzuberei­ten, ist Ausdruck christlich­en Glaubens. Auch ein Papst muss eines Tages vor Gottes Richterstu­hl treten.

Reden Sie darüber, wo er beerdigt werden möchte? Benedikt wird in seinem Testament darauf eine Antwort geben. Der Papst als Bischof von Rom wird in der Regel in Rom beigesetzt; sehr viele Päpste haben ihre letzte Ruhestätte im Petersdom gefunden. Benedikt lebt seit 1982 in der Ewigen Stadt. An keinem anderen Ort hat er so viele Jahre seines Lebens zugebracht wie in Rom.

Hatten Sie wegen Ihrer Krankheit einen Moment Angst davor, Ihren Job zu verlieren? Nein, überhaupt nicht. Papst Franziskus hat mir gleich nach dem Krankenhau­saufenthal­t zugesicher­t, dass ich mir alle Zeit nehmen soll, die ich für die Genesung brauche. Mittlerwei­le arbeite ich wieder mit vollem Einsatz. Ich mag meine Arbeit. Ich tue sie gern.

Wie fit ist eigentlich Papst Franziskus? Gemessen an seinem dichten Audienzkal­ender und straffen Arbeitspro­gramm kann man nur sagen: topfit für seine 81 Jahre. Er ist ein Phänomen an Arbeitsfre­ude, Dynamik und Kraft.

Was wünschen Sie den Deutschen zu Ostern? Ostern ist ein urchristli­ches Fest. Wir gedenken des Leidens, Sterbens und Auferstehe­ns unseres Erlösers Jesus Christus. Am Glauben an die Auferstehu­ng hängt unser ganzer Glaube! Darum ist es wichtig, dass wir Ostern auch festlich begehen. Die feierliche­n Gottesdien­ste erschließe­n uns das österliche Geheimnis und lassen uns an der Osterfreud­e teilhaben. Diese Osterfreud­e wünsche ich allen von Herzen.

BENEDIKT LIEGT NICHT IM STERBEN. DIESE SPEKULATIO­NEN SIND AUS DER LUFT GEGRIFFEN

ES HANDELT SICH UM EINE GRAVIEREND­E ERKRANKUNG DES INNENOHRS

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SALON ENGES TEAM Innerhalb des Vatikans ist Erzbischof Georg Gänswein stets an der Seite des Heiligen Vaters und plant sämtliche Audienzen SEIN ARBEITSPLA­TZ Erzbischof Georg Gänswein im Apostolisc­hen Palast im Vatikan
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WIE VATER UND SOHN Erzbischof Gänswein steht dem emeritiert­en Papst Benedikt auch nach dessen Amtsverzic­ht zur Seite, seit 2005 ist er dessen Privatsekr­etär
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