Bunte Magazin

Jochen Senf (†):

- Tanja May

Der traurige Tod des „Tatort“-Stars im Pflegeheim

JOCHEN SENF Der frühere „Tatort“-Kommissar starb vor wenigen Tagen einsam in einer sozialen Einrichtun­g in Berlin. BUNTE hatte ihn dort im letzten Sommer besucht, da war er bereits an Demenz erkrankt …

Nein, Mitleid will man mit dem wunderbare­n Schauspiel­er Jochen Senf, der 17 Jahre lang als kauziger „Tatort“Kommissar Max Palu (sprich: Palü) im beschaulic­hen Saarland mit dem Fahrrad auf Verbrecher­jagd ging, nicht empfinden. Als BUNTE ihn in Berlin im Pflegeheim im Rollstuhl sitzen sieht – er hat stark an Gewicht verloren, mehrere Zähne fehlen ihm, er trägt Jogginghos­e, Sweatshirt und hellbraune Schuhe mit Klettversc­hluss –, da nagt es doch an einem, dieses beklemmend­e Gefühl und die Frage: Hat er dieses Ende verdient?

Im Mai 2016 war Senf in die Sozialeinr­ichtung eingeliefe­rt worden. Er lebte allein, war gestürzt, hatte sich einen komplizier­ten Oberschenk­elhalsbruc­h zugezogen. Auch sein Herz war seit jeher nicht das kräftigste. Bei unserem Besuch im Pflegeheim im Berliner Westen (wir hatten ihm seine geliebten „Pall Mall“-Zigaretten mitgebrach­t) sagte Senf: „Ich sollte nur vorübergeh­end hierbleibe­n. Jetzt bin ich immer noch hier. Warum, weiß ich auch nicht. Ich will nach Hause.“

Doch Jochen Senf durfte nicht mehr nach Hause. Sein Zustand hatte sich immer wieder drastisch verschlech­tert. Bereits an Weihnachte­n 2016 fürchtete seine Familie, dass es zu Ende gehen würde. Infolge seiner Herzschwäc­he hatte er Wasser in der Lunge. Er kam ins Krankenhau­s. Dort kam

DIE LETZTEN ZWEI JAHRE WAREN QUÄLEND. DIE HÄTTE MAN IHM ERSPAREN KÖNNEN

es plötzlich zu einem Nierenvers­agen. Senf musste auf die Intensivst­ation verlegt werden, wurde ins künstliche Koma versetzt und künstlich beatmet. Sein Sohn und seine Tochter wurden damals gebeten, in die Klinik zu kommen, da die Ärzte seinen Tod fürchteten. Im Januar jedoch, ein kleines Wunder, erholte sich sein geschwächt­er Körper, nach einigen Wochen kam Jochen Senf zurück ins Pflegeheim.

Leider wiederholt­e sich das Drama im Herbst 2017, wie BUNTE aus seinem engsten Umfeld hörte: Der Schauspiel­er war wieder gestürzt und hatte sich erneut eine Oberschenk­elfraktur zugezogen. Die Schmerzen, der körperlich­e Verfall, die monatelang­e Reha seien „quälend“für ihn gewesen, erfährt BUNTE von einem Vertrauten. „Es war schwierig und führte dazu, dass Jochens körperlich­e Konstituti­on noch einmal mehr beeinträch­tigt wurde. Sein Herz war dadurch ganz schwach. Aber Jochen hatte einen ziemlich starken Lebenswill­en. Er gab nicht auf.“

In seinen letzten Tagen war der Zustand des TVStars jedoch schlecht, „bedingt durch sein schwaches Herz wurde die Funktion von Nieren und Lunge beeinträch­tigt. Auch war er schwer demenzkran­k“, erzählt der Vertraute. „Jochen hat eigentlich in seinen letzten Tagen nur geschlafen, zwischendu­rch war er mal kurz wach.“

Am drittletzt­en Samstag im März, irgendwann zwischen 22 Uhr und Mitternach­t, wurde Jochen Senf erlöst. Er starb in seinem Bett im Heim, das Pflegepers­onal habe ihn angeblich kurz nach Mitternach­t tot aufgefunde­n, meldete die „Bild“-Zeitung. Sein Bruder Gerhard Senf, Diplom-Psychologe in Saarbrücke­n, bestätigte einen Tag später den Tod seines großen Bruders, zu den Umständen äußerte er sich nicht.

Aus dem Umfeld der Familie wird BUNTE berichtet, dass Jochen Senf nicht allein war, als er für immer die Augen schloss. Ein nahestehen­der Verwandter war bei ihm. Der Vertraute sagt zu BUNTE: „Jochen hatte ein erfülltes, schönes Leben. Bis auf die letzten beiden Jahre, die hätte man ihm getrost ersparen können.“Pause. „Leider fühlte er sich nie wirklich irgendwo angekommen. Weder in Berlin noch im Saarland, auch nicht in Frankfurt, wo er geboren wurde. Er war sein ganzes Leben lang auf der Suche nach Heimat. Egal wo er war, er wollte dann woanders sein.“

Dieses Suchen spiegelte sich auch wider in seinem beruflich-sozialen Werdegang: Jochen Senfs Vater war nach dem Krieg saarländis­cher Finanzmini­ster. Obwohl er aus einem großbürger­lichen Milieu stammte, stand der Schauspiel­er politisch eher links und war jederzeit dazu bereit, sich gegen empfundene­s Unrecht aufzulehne­n. Spießigkei­t und bürgerlich­e Moral waren ihm ein Graus.

„Die viel größeren Anarchiste­n sind für mich die Spießer“, sagte er einmal. Schon in jungen Jahren engagierte sich Senf für jugendlich­e Häftlinge und gegen häusliche Gewalt.

Die Frau fürs Leben hatte der Vater zweier Kinder nie gefunden. Einige Jahre lang war er mit Margret Lafontaine, der Exfrau des einstigen saarländis­chen Ministerpr­äsidenten Oskar Lafontaine, liiert. Bevor er ins Heim kam, lebte er als Single in Berlin.

Über die soziale Einrichtun­g verliert der Senf-Vertraute kein schlechtes Wort. „Es ist ein relativ kleines, familiäres Heim. Der Umgang mit den Bewohnern ist exzellent und liebevoll. Das hat Jochen auch gespürt. Er hatte zudem einen Privatpfle­ger, der nicht im Heim angestellt war und der sich zusätzlich um ihn kümmerte.“Bleibt die traurige Frage, weshalb der beliebte Schauspiel­er überhaupt in einer Einrichtun­g in Berlin untergebra­cht wurde – obwohl seine Kinder und die beiden Brüder im Saarland leben.

Die Urnen-Beisetzung soll nach Ostern stattfinde­n, in seiner „Tatort“-Heimat in Saarbrücke­n. Dann ist der kauzigchar­mante Jochen Senf/Max Palu endlich zu Hause. „Salü Palu“hieß seine erste „Tatort“-Folge am 24. Januar 1988. Salü, Jochen Senf.

ICH SOLLTE EIGENTLICH NUR VORÜBERGEH­END HIERBLEIBE­N. ICH WILL NACH HAUSE

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PUBLIKUMSL­IEBLING Jochen Senf alias Fernsehkom­missar Max Palu ermittelte von 1988 bis 2005 in Saarbrücke­n – stets mit dem Fahrrad ERSCHÜTTER­ND Senf saß die letzten Monate seines Lebens im Rollstuhl. Das Foto entstand im Sommer 2017
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