Rudolf Haibach: Der Top-Scheidungsanwalt über Tricks und Tränen
BEI PROMI-SCHEIDUNGEN müssen oft Millionen-Vermögen aufgeteilt werden. In BUNTE spricht Top-Anwalt Rudolf Haibach über Tricks, Tränen und Detektiv-Arbeit
Wenn Superreiche vor ihm sitzen, verbergen sie ihren Namen meist hinter einem Pseudonym. Prominente, deren Gesichter man sofort erkennt, erzählen dagegen gern von einem Freund, der sich angeblich scheiden lassen wolle. Rudolf Haibach, 66, Scheidungsanwalt mit Kanzleien in München, Frankfurt und Gießen, kennt das Versteckspiel, das manche inszenieren, um ihre Ehe möglichst diskret zu beenden: „Ich erkenne erfundene Geschichten meist sofort. Oft verraten diese Leute beim Erzählen unbewusst, wer sie sind. Außerdem schaue ich mir an, was jemand trägt: Schuhe, Kleidung, Taschen, Uhren – alles verräterische Zeichen.“Beim Gespräch mit BUNTE plaudert der Familienrechtler, der häufig Reiche und Berühmte vertritt, über die Marotten seiner Klienten, trickreiche Verhandlungen und über Abfindungen für die Ex – die in Deutschland meist geringer ausfallen als in Amerika.
Warum scheitern die Ehen der Reichen und Berühmten? Das Übliche. Bei Scheidungsgründen gibt es keine Klassenunterschiede zwischen Arm und Reich: Man hat sich auseinandergelebt oder noch nie gut verstanden oder man hat keinen Sex mehr.
Also wegen Untreue oder einer Affäre? Ja, auch. Wenn ein Mann nicht mehr mit seiner Frau schläft, dann macht es ein anderer. Umgekehrt gilt das genauso.
Fließen viele Tränen in Ihrer Kanzlei? Tränen fließen eher aus Wut oder Zorn, denn emotional haben die meisten abgeschlossen, wenn sie beim Scheidungsanwalt sitzen. Vorsorglich liegt in meiner Schreibtisch-Schublade jedoch immer eine Packung Taschentücher bereit.
Hätten Sie zur Beruhigung auch einen Whiskey? Nicht in der Kanzlei.
Ist reichen Leuten Geld wichtiger als Normalverdienern? Das kann man so pauschal nicht sagen. Aber bei reichen Paaren gibt es viele Versorgungsehen, ich schätze 30 Prozent. Die Frau hat den Mann geheiratet, weil sie wusste, er ist eine gute Partie, und falls die Ehe schiefgeht, kann sie mit einer dicken Abfindung rechnen. In solchen Fällen spielt Geld bei der Scheidung natürlich eine größere Rolle als bei Ehen, in denen beide finanziell auf Augenhöhe sind.
Vertreten Sie lieber Frauen oder Männer?
Ich vertrete zum Großteil Frauen, was sich eher zufällig erge‑ ben hat.
Das heißt, Sie wollen ans Geld der Männer? Ja, das ist mein Auftrag, den erfülle ich mit hoher Präzision. Das ergibt sich jedoch allein daraus, dass Männer meist das Ver‑ mögen besitzen. Bei höchstens einem Prozent der Scheidungen besteht umgekehrt der Anspruch.
Welchen Auftrag bekommen Sie: Rauben Sie ihn aus, machen Sie ihn fertig? Der Standardsatz heißt: Ich will nur, was mir zusteht. Aber das stimmt natürlich nicht. Die meisten wollen so viel wie möglich, vor allem wollen sie nach der Scheidung ihren luxuriösen Le‑ bensstil aufrechterhalten. Ich merke sofort, welche Absichten jemand hat. Wenn ich den Auftrag bekomme, den Gegner hart anzugehen, dann ziehe ich das durch.
Das klingt furchtbar skrupellos… Das ist mein Job und manchmal muss man gnadenlos werden, um das Ziel zu erreichen. Meine Mandanten zahlen mich da‑ für, dass ich ihren Auftrag erfülle.
Wissen Frauen überhaupt, wie reich ihr Mann ist? Selten, aber sie ahnen es, und viele haben sich systematisch vorbereitet und über Monate Unterlagen und Informationen gesammelt, indem sie sich beispielsweise Zugang zu seinem Computer verschafft oder Akten kopiert haben.
Und wer keine Konten, Depots und Urkunden findet, aber dennoch ein verstecktes Vermögen ahnt? Dann schalten wir eine Detektei ein. Man muss nur ungefähr wissen, in welchem Land das Vermögen versteckt sein könnte – egal ob Russland, Panama oder Australien, die Detektei findet es.
Männer teilen bei einer Scheidung ihr Geld ungern, oder? Ja, die meisten denken: Ich habe Tag und Nacht geschuftet, um das alles zu verdienen, und meine Frau hat sich ein schönes Leben gemacht. Das empfinden sie als extrem ungerecht.
Und was ist mit Kunst, Schmuck, Jachten, Immobilien? Alles nicht so schlimm, am emotionalsten reagieren Männer, wenn es an ihr Geld geht. Andere Dinge zu teilen, fällt ihnen weniger schwer. Und Schmuck sollte man niemals zurückver‑ langen. Falls jemand auf die Idee kommt, einen geschenkten Zehnkaräter zurückzufordern, sage ich meinem Mandanten auch, dass er das unterlassen sollte. Das ist stillos.
Werden Männer großzügiger, wenn sie wieder neu verliebt sind? Oh ja, das hilft sehr. Dann wollen sie schnell geschieden wer‑ den, denn die Neue drängt meist. In so einer Situation laufen die Verhandlungen wesentlich unkomplizierter. Ist jedoch die Frau frisch verliebt, vertreten Männer den Standpunkt: Dann soll der andere doch jetzt für sie sorgen. Ich habe jahrelang al‑ les bezahlt, jetzt ist der Neue dran.
Wie definieren Sie Ihren Erfolg? Wenn mein Mandant mit dem Ergebnis zufrieden ist, wenn die Auseinandersetzung ohne Gericht verhandelt wurde und die Scheidung schnell und diskret abläuft. In sechs Monaten soll‑ te alles erledigt sein – dann bin ich zufrieden.
Sitzen die beiden Expartner in den Verhandlungen dabei? Ich versuche, das zu vermeiden, damit sie nicht bissig überei‑ nander herfallen können. Ich verhandle am liebsten mit dem hoffentlich vernünftigen und erfahrenen Anwalt der Gegensei‑ te, ohne dass Mandanten danebensitzen.
Und warum ist Diskretion so wichtig? Eine Scheidung kann bei Prominenten das Image beschädigen. Bei Unternehmern können Banken unruhig werden, wenn das Vermögen neu verteilt wird. Anderen ist eine Scheidung einfach peinlich. Sie wollen diese Niederlage nicht in der Zeitung lesen.
Warum geraten dennoch manche Fälle in die Öffentlichkeit? Öffentlichkeit kann auch als strategisches Druckmittel benutzt werden. Es gibt viele Tricks, mit denen man die Lufthoheit in stockenden Verhandlungen erobern kann.
Welche zum Beispiel? Sorry, aber mein Know‑how werde ich Ihnen nicht verraten.
Eine letzte Frage: Sind Sie eigentlich verheiratet? Ja. Seit 35 Jahren.