Romy Schneider – verehrt von Alice Schwarzer
ROMY SCHNEIDER Ihr Leben bietet Stoff für großes Kino – Alice Schwarzer weiß, warum
Romy ist wieder da. Und es ist, als ob sie nie weg gewesen wäre. Der Kinofilm „3 Tage in Quiberon“mit Marie Bäumer zeigt sie ganz intim. Aber so nah wie Alice Schwarzer kam kaum einer Romy Schneider. Die Feministin hat die Schauspielerin 1976 in Köln getroffen, in durchredeten, durchweinten Nächten öffnete Romy Schneider ihr Herz. Ihr Buch „Romy Schneider – Mythos und Leben“, das jetzt auch in Frankreich erscheint, zeigt, warum Romy scheiterte und was für eine Lehre Frauen heute daraus ziehen können.
Frau Schwarzer, warum ist Romy 36 Jahre nach ihrem Tod noch so präsent? Sie hatte diese Zerrissenheit zwischen der Leidenschaft für den Beruf und der Leidenschaft für die Liebe. Das ist hochmodern. Es ist das Leben der Frauen heute, die Karriere mit Kindern vereinbaren wollen. Und was Romy auch mit vielen Frauen teilt: Sie hatte einerseits ein geringes Selbstwertgefühl – gleichzeitig aber einen großen Mut. Bei meiner Aktion „Ich habe abgetrieben“im „Stern“hat sie spontan mitgemacht – 1971 ein großes Wagnis. Die Deutschen haben Romy lebenslang geliebt und gehasst. Bei unserem Treffen 1976 sagte sie zu mir: „Wir sind die zwei meistbeschimpften Frauen Deutschlands.“
Aber warum berührt uns Romy Schneider so ganz besonders? Romy war ja ein Schwarm von Männern und Frauen gleichermaßen. Was einen nicht loslässt, ist das Geheimnis ihrer Zerrissenheit: Einerseits hatte sie die typischen Verletzungen einer Frau: Sie wurde nicht ernst genommen: einmal Sissi, immer die süße, doofe Sissi. Und sie war Opfer sexueller Belästigungen, musste sich nicht nur gegen die Nachstellungen ihres Stiefvaters Hans Herbert „Daddy“Blatzheim wehren. Damals hatte man keine Worte dafür wie heute. Da war das Herrenrecht. Die #metoo-Debatte war fern. Romy litt unter diesem Trauma. „Er hat versucht, mit mir zu schlafen, und das nicht nur einmal“, sagte sie mehrmals zu mir. Auf Französisch. Auf Deutsch ging ihr das noch 20 Jahre danach zu nah.
Mit Männern hatte sie nie viel Glück? Nein, mit ihrer großen Liebe Alain Delon war das Internatsmädchen natürlich überfordert. Bei seinen Sexpartys konnte sie nicht wirklich mithalten, auch wenn sie es tapfer versuchte. Romys Liebesbeziehungen waren nie gleichberechtigt. Sie unterwarf sich – oder sie unterwarf. Sie wurde besiegt – oder sie besiegte. Und sie blieb dabei auf der Strecke – oder verlor das Interesse. In ihrem Tagebuch schrieb sie: „Ich brauche Stärke. Einen Mann, der mich gewaltsam in die Knie zwingt. Doch ich bin bisher nur auf Schwache gestoßen. Mich müsste ein Stärkerer in die Hand nehmen, mich zurechtbiegen, mich bis in die Knochen zerstören. Aber gibt es so einen Mann?“
Die Verletzung als roter Faden in ihrem Leben? Nicht nur. Auch die Leidenschaft. Romy lebte mit 450 Prozent Einsatz: 150 Prozent Schauspielerin, 150 Prozent Mutter, 150 Prozent Geliebte. Das ist der große Betrug, dem auch viele heutige junge Frauen wieder aufsitzen. Dabei müssen und dürfen sie Kompromisse machen – und dafür länger leben als Romy.
ROMY WAR DER SCHWARM DER MÄNNER – UND DER FRAUEN