Margarita Broich: Der „Tatort“-Star mit Sohn Franz im Doppel-Interview
MARGARITA BROICH Der „Tatort“-Star im Interview mit Sohn FRANZ über fehlende Erziehung, ihr schlechtes Gewissen als Mutter und Liebesattacken auf ihre Söhne
Es gibt diese eine Schlüsselszene im Leben von Margarita Broich, 58, und ihrem Sohn Franz, 18. Eine Szene wie aus einem schlechten Film, die die erfolgreiche Schauspielerin bis heute sehr beschäftigt: „Allein die Erinnerung daran ist mir schier unerträglich: Als Franz noch klein war, hatte er einmal solche Bauchschmerzen, dass ich mir Sorgen machte, es könnte der Blinddarm sein. Aber da ich eine Vorstellung hatte, bin ich mit ihm und der Babysitterin ins Theater gefahren, musste aussteigen und mein Sohn und das Kindermädchen fuhren weiter ins Krankenhaus. Damals fühlte ich mich schrecklich. Aber in einem Ensemble gilt die Verabredung: Es gibt fast keine Entschuldigung. Selbst mit Fieber trete ich auf. Aber es zerriss mir als junge Mutter das Herz“, erinnert sich Broich jetzt im Gespräch mit BUNTE. Der Blinddarm war es damals nicht und Sohn Franz, der gemeinsam mit seiner Mutter, Bruder Hans, 26, und seinem Vater, dem ebenfalls erfolgreichen Schauspieler Martin Wuttke, 56, in Berlin lebt, hat diese Szene längst vergessen. Zu BUNTE sagt er beinahe abgeklärt: „Es ist wichtig, als Kind zu begreifen, dass sich die Welt nicht nur um einen selbst dreht. Ich fühlte mich immer geliebt und hatte nie das Gefühl, zu kurz zu kommen.“
Diese Liebe ist zum Greifen beim BUNTE-Shooting im coolen Berliner Loft. Mutter und Sohn wirken wie eine Einheit, auch wenn sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Regie beim Kochen übernimmt sofort Sohn Franz: „Meine Mutter
ERST SEIT ICH KINDER HABE, WEISS ICH, WAS ANGST BEDEUTET
ist eine Chaotin, vor allem in der Küche. Sie stellt einfach alles auf den Kopf. In dieser Sache lernt sie von mir, was Ordnung bedeutet.“Passt zum neuen Film „Meine Mutter ist unmöglich“(18. Mai, 20.15 Uhr im Ersten), in dem die „Tatort“-Kommissarin auch mal ihre komische Seite zeigen darf…
Ist Ihnen Ihre Mutter auch mal peinlich? Franz Broich-Wuttke: Es ist ihr weltberühmtes „Huhu“, das mir manchmal unangenehm ist, zum Beispiel wenn sie ekstatisch über den ganzen Schulhof ruft. Bei anderen Leuten kommt es seltsamerweise ziemlich gut an.
Sie sind in einem Schauspielerhaushalt groß geworden. Waren Ihre Eltern sehr streng in der Erziehung? F. B.-W.: Zum Glück waren meinen Eltern nie besonders streng. Wenn ich aber durch diese Freiheiten in Schwierigkeiten kam, waren sie sofort zur Stelle. Dieses Prinzip finde ich sehr gut. Margarita Broich: Erziehung fiel mir eher schwer. Ich möchte Menschen eigentlich nicht ändern. Ich betrachte meine Kinder als Geschenk, die beinahe fertig vom Himmel gefallen sind.
Wie konsequent waren Sie in der Erziehung? M. B.: Konsequenz hat in der Erziehung eine Relevanz. Der konnte ich selten nachkommen. Mir war es oft nicht möglich zu überprüfen, ob eingehalten wird, was ich vorher gesagt hatte. Wenn ich zum Beispiel ins Theater musste, konnte ich nicht schauen, ob die Kinder wirklich um 9 im Bett lagen. Das macht eine konsequente Erziehung schwierig, wenn nicht unmöglich …
Ihr Mann und Sie waren ständig unterwegs. Hatten Sie oft ein schlechtes Gewissen wegen des Berufs? Auch wenn Franz quasi unterm Schminktisch groß geworden ist, gab es immer eine Auszeit. Das heißt: Liebesattacken auf die Kinder. Ich hätte meinen Beruf gehasst, wenn er bedeutet hätte, keine Kinder zu bekommen. Muttersein ist für mich das Tollste überhaupt. Sicherlich war ich teilweise eine schlechtere Mutter und eine schlechtere Schauspielerin, einfach dadurch, dass ich Kompromisse eingehen musste und oft überfordert war. Dennoch gilt für mich immer: Nichts ist wichtiger als das Kind zu Hause – scheiß doch auf Shakespeare!
Wann springt Ihr Beschützerinstinkt an? F. B.-W.: Ihr Radar läuft quasi rund um die Uhr. M. B.: Ich bin nun einmal eine Glucke. Als mein Ältester zum ersten Mal in die Disco ging, versteckte ich mich hinter einer Litfaßsäule, um zu gucken, dass er auch ja sicher nach Hause kam. Erst seit ich Kinder habe, weiß ich, was das Wort Angst bedeutet.
Was haben Sie von Ihrem Sohn lernen können? M.B.: Als Schauspieler kreist man oft um sich selbst. Ich denke, es ist gut, wenn das aufhört. Es gibt ja auch den schönen Schauspielerwitz: „Reden wir nicht immer von MIR, wie fandest DU mich denn?“Das ist einfach schrecklich. Sobald man ein Baby in den Armen hält, tritt alles andere in den Hintergrund.
Wie tolerant ist die Mutter, wenn die Söhne Liebespartner mit nach Hause bringen? M. B.: Ich dachte schon manchmal: „Das ist nicht ,my cup of tea‘.“Aber bitte; bei mir war das nicht anders. Wenn meine Eltern sagten, ich solle nach links gehen, bin ich schon mal automatisch nach rechts abgebogen. Man kann seinen Kindern keine Abkürzungen mit auf den Weg geben und man sollte sich auch nicht in ihr Liebesleben einmischen. Mir sind alle erst mal willkommen, solange es den Kindern damit gut geht.
Bei zwei Generationen prallen ja oft unterschiedliche, politische Weltbilder aufeinander. Wie ist das bei Ihnen? F. B.-W.:Bei uns herrscht ein guter Diskurs, es wird auch gestritten, was wichtig ist, aber der Konsens stimmt. M. B.: Mit einem rechten Spießer, der intolerant und nicht weltoffen ist, hätte ich meine Schwierigkeiten. Den würde ich am Schlafittchen packen, auf den Balkon stellen und sagen: „Du kommst hier nicht mehr rein.“Da bin ich froh, dass meine Söhne so sind, wie sie sind.