Anwendungen für ZU HAUSE
mit Blutegeln gehört zu den ersten therapeutischen Instrumenten der Menschheit. Sie wurde schon vor 3500 Jahren im antiken Ägypten angewendet“, erklärt der Experte, „und als Rheumamittel ist sie auch schon bei dem griechischen Arzt Galen erwähnt.“In Deutschland geriet die Therapie in der Neuzeit in Misskredit, als Blutegel und Aderlass inflationär gegen alle möglichen Krankheiten eingesetzt wurden. Damals wurden häufig nicht wie heute fünf oder sechs Egel eingesetzt, sondern bis zu 100. Und: Mittlerweile kommen sie aus Zuchtfarmen und werden streng kontrolliert angewendet. Gustav Dobos: „Bei Kniearthrose – das zeigen Studien – ist der Einsatz von Blutegeln das mit Abstand beste Verfahren zur Schmerzlinderung, besser als jedes Medikament oder chirurgische Eingriffe. Zwar werden jährlich 100000 Arthroskopien bei schmerzhafter Kniegelenksarthrose in Deutschland durchgeführt, aber das ist kaum mehr als eine Scheinoperation. Das konnte eine umfangreiche Meta-Analyse 2015 zeigen. Die Blutegel hingegen wirken nachhaltig: Ein Großteil der Patienten in einer von uns durchgeführten Studie verspürte innerhalb von drei Tagen eine positive Wirkung auf die Arthroseschmerzen im Knie. Bei jedem Zweiten hielt der lindernde Effekt drei Monate oder länger an. 35 Prozent berichteten, dass die Schmerzen immerhin noch drei bis vier Monate lang besser waren.“ Die Bisse der Egel spüren Patienten kaum, denn sie geben mehrere schmerzlindernde Substanzen in die winzige Wunde ab. Diese wirken nicht nur entzündungshemmend und durchblutungsfördernd, sondern beeinflussen auch das umliegende Gewebe und Stoffwechselfunktionen in der Region positiv. „Das gilt auch für die Daumengelenksarthrose oder den Tennisellenbogen“, so Dobos.
Schröpfen kann ein Genuss sein
Auch das Schröpfen scheint weniger
schmerzhaft zu sein, als die kreisroten Male vermuten lassen. Beim Schröpfen werden erwärmte Gläser auf die Haut aufgesetzt. Das Wirkprinzip ist der dadurch entstehende Unterdruck: „Der Schröpfkopf hebt die Oberhaut von den tiefer liegenden Schichten ab, verstärkt lokal die Durchblutung und regt den Lymphstrom an. Über Nervenbahnen werden aber auch entferntere Regionen stimuliert“, erklärt Prof. Dobos. Die Behandlung genießen viele Menschen sogar, weil Muskelverhärtungen erst erspürt werden und sich dann die Verspannungen lösen. Selbst die kreisrunden Male auf der Haut, die die Prozedur hinterlässt, nehmen Patienten deshalb gern in Kauf. Die Methode kann man lernen und sie zu Hause am Partner ausführen. Schröpfgläser gibt es in Apotheken. Das sogenannte blutige Schröpfen darf aus hygienischen Gründen nur von einem Arzt oder Heilpraktiker durchgeführt werden: Dabei wird die Haut punktuell angeritzt, bevor das Glas aufgesetzt wird. Innerhalb einer Viertelstunde füllt es sich dann mit Blut. Dieses Prinzip der Heilkunst ist sehr alt und wurde in den verschiedensten Teilen der Welt angewandt. Eine Forschungsgruppe um den Chefarzt des Immanuel Krankenhauses in Ber-