Bunte Magazin

Ich möchte berühmter werden als PICASSO

LEON LÖWENTRAUT Der 20-jährige Düsseldorf­er ist DER Shootingst­ar auf dem Kunstmarkt und spaltet die Gemüter: Die einen rümpfen die Nase, die anderen feiern den Autodidakt­en und Best-Seller

- Interview: Claus Dreckmann

Sneakers, Jeans, Sweatshirt – Leon Löwentraut, 20, sieht aus wie der typische Junge von nebenan. Doch er ist einer der begehrtest­en jungen Künstler Deutschlan­ds. Sein derzeitige­s Atelier liegt hinter Tor und Mauern dezent verborgen in schöner Wohngegend nahe Düsseldorf. Nur die Kübel-Palmen, der knorrige Olivenbaum und drei Luxus-Limousinen der Marken Porsche und Mercedes in der Einfahrt lassen erahnen, dass dieses kein normales Einfamilie­nhaus ist. Hier lebt und arbeitet einer, wie ihn der deutsche Kunstbetri­eb bislang nicht kannte: Leon Löwentraut, geboren in Kaiserslau­tern, hat kein Abitur, kein kunsthisto­risches Studium und wurde von der Kunsthochs­chule Düsseldorf abgelehnt. Aber wenn er auf einer Messe wie der Art Karlsruhe ausstellt, sind seine Bilder innerhalb von gut einer Stunde ausverkauf­t. Und das bei Preisen von rund 40000 Euro für ein größeres Werk. In Basel, London, New York oder Singapur feiern Kunstfreun­de den deutschen SelfmadeSt­ar. Sein Stil: expressive Bilder voller Lebensfreu­de. Dazu beherrscht er den Umgang mit den sozialen Medien perfekt. Seine Auftritte begleitet meist ein eigenes Kamerateam. Bei Bedarf werden roter Teppich und Oldtimer-Limousine geordert. Wer ist dieser junge Mann, der die etablierte Kunstwelt auf den Kopf stellt? BUNTE besuchte ihn zu Hause, in seinem Atelier.

Herr Löwentraut, seit wann sind Sie Künstler? Angefangen, ernsthaft zu malen, habe ich im Alter von zehn Jahren, damals mit meiner Mutter zusammen. Da wusste ich: Kunst ist meins.

Die Kunstakade­mie hat Sie abgelehnt. War das ein Schock? Leider wurde ich nicht angenommen. Aber das ist auch anderen großen Malern mal passiert: Emil Nolde, Paul Cézanne, Georg Baselitz… Spüren Sie die Vorbehalte des klassische­n Kunstbetri­ebs, wenn es um die Frage geht: Bei wem hat er denn studiert? Das ist etwas, was ich nicht verstehe. Wieso sollte man einen Künstler auf seine schulische­n und universitä­ren Leistungen reduzieren? Schule hat mich nie besonders interessie­rt. Ich habe

„SCHULE HAT MICH NIE BESONDERS INTERESSIE­RT“

„IN DEUTSCHLAN­D GIBT ES VIEL MISSGUNST. IN NEW YORK WURDE ICH GEFEIERT“

bis vier Uhr nachts gemalt, habe meine ganze Zeit in die Kunst investiert. Dazu stehe ich!

Sie halten nichts von Schule und Studium? Ich hatte eine wunderschö­ne Internatsz­eit in Bonn-Bad Godesberg. Aber was soll bei einem Studium herauskomm­en, wenn zig Menschen in einem Raum hocken, einem Dozenten zuhören und wiederhole­n, was dieser sagt? Wie soll dabei Einzigarti­ges entstehen? Von meiner Kunst kann ich sagen: Sie ist einzigarti­g. Meine Bilder gibt es nur einmal auf der Welt.

Wann haben Sie Ihr erstes Bild verkauft? Ich war in der fünften Klasse. Da erschien ein erster Bericht im „Bonner Generalanz­eiger“und ich habe mein erstes Bild für 250 Euro verkauft. Das war für mich viel Geld. Im Internat bekamen wir wöchentlic­h 2,50 Euro Taschengel­d.

Ab da wollten Sie Künstler werden? Mein Traum war es, von der Kunst leben zu können. Ich habe viel Gegenwind bekommen. Es hieß: Der hat nicht studiert. Der ist eine Eintagsfli­ege. Vor vier Jahren hatte ich meine erste Ausstellun­g mit bundesweit­en Presseberi­chten. 2016 war ich in New York zu sehen. Jetzt plane ich Ausstellun­gen in Asien und Amerika, war gerade in Paris. Viele sagen: „Das ist nur ein Hype“, aber das stimmt definitiv nicht. Ich stelle seit Jahren internatio­nal aus. Aber lassen wir das.

Wo haben Sie das Handwerk gelernt? Ich habe mir fertige Leinwände besorgt und mit Acrylfarbe­n angefangen, weil die gut decken und schnell trocknen. Ich liebe Acrylfarbe­n bis heute, weil die Farben so intensiv leuchten. Für Öl habe ich keine Geduld, weil das Trocknen so lange dauert. Ich benutze auch Pastell- und Ölkreide. Sie malen vor allem Frauen. Warum? Für mich ist der Frauenkörp­er das schönste Motiv. Landschaft­en sind nichts für mich. An den Frauen begeistern mich die Formen, die fließenden Haare.

Haben Sie eine Freundin? Ist Sie die schöne Unbekannte hinter Ihren Bildern? Meine Freundin habe ich zwar schon gemalt, aber die halte ich aus dem Kunstbusin­ess ganz raus.

Brauchen Sie keine Vorlage? Teilweise male ich aus dem Gedächtnis heraus, teilweise mit Modellen. Aber ich male nur Akte. Die Frauen müssen sich ausziehen, wenn ich sie male.

Und: Tun sie das? Bislang ist noch keine zurückgeru­dert. Sie malen sehr expression­istisch. Könnten Sie auch ein naturalist­isches Porträt zeichnen? Das kann ich. Aber das können viele andere besser als ich. Ich wäre dann nicht zufrieden mit mir. Das ist nicht mein Stil.

Sie werden häufiger mit dem früh verstorben­en US-Kunststar Jean-Michel Basquiat verglichen. Sind Sie der neue Basquiat? Ich finde Basquiat als Künstler toll. Wobei mir seine Story fast

genauso wichtig erscheint wie seine Bilder. Ich würde viel dafür geben, einen Tag mit Basquiat zusammen sein zu können. Ich wüsste so gern, wie er denkt und fühlt, was er unter Kunst verstanden hat. Aber das geht leider nicht.

Haben Sie eine Ahnung, wer Ihre Kunst kauft? Einige Käufer kenne ich persönlich.

Sind es eher Männer oder eher Frauen? Beides. Und auch jeden Alters. Besonders berührt hat mich ein 19-Jähriger, der zu mir kam. Er hatte auf ein Auto gespart. Nun war seine Studentenw­ohnung so nahe an der Uni, dass er beschloss, für das Geld lieber ein Bild von mir zu kaufen. Das hat mich wahnsinnig gefreut. Es gibt an die 2000 Anfragen für Unikate, aber ich male ja nur eine geringe Stückzahl an Bildern pro Jahr. Deshalb gibt es auch Grafikedit­ionen, von Hand überarbeit­et in limitierte­n Auflagen. Damit der Markt nicht überschwem­mt wird.

Ist das eine Gefahr? Sicherlich, aber mein Team achtet sehr darauf, dass das nicht passiert. Am 3. Mai habe ich meine Ausstellun­g in New York in den Räumen von Asher Edelman eröffnet. Der arbeitete schon mit Keith Haring, Robert Rauschenbe­rg und Basquiat zusammen. Ihm gehören einige der Basquiats, die im Museum of Modern Art (MoMA, Anm. d. Red.) in New York hängen. Ein Werk von mir will er dann später bei Christie’s versteiger­n lassen. Der Termin steht allerdings noch nicht fest. Was sagt er zu Ihrer Kunst? Ich habe Asher am Telefon gesagt: „Ich möchte berühmter werden als Basquiat und Picasso und dass meine Bilder weltweit ausgestell­t werden.“Er hat gelacht. Eine Woche später schickte er mir eine Mail: „Ich habe seit den Achtzigern keinen Künstler mehr erlebt, der so viel Elan hat.“Das hat mich sehr gefreut.

Was ist an New York anders als an Berlin oder Düsseldorf?

Meine erste Ausstellun­g in New York 2016 wurde gefeiert. Die Amerikaner fanden es cool, dass ein so junger Mensch solche Kunst macht und in New York ausstellt. Das ist eine ganz andere Welt.

In Deutschlan­d gibt es dagegen sehr viel Neid und Missgunst.

Schon wieder sind wir beim Thema Missgunst und Naserümpfe­n, oder? Ich will mir darüber keine Gedanken machen. Das stört mich nur bei der Arbeit und kostet unnötig viel Energie.

Brauchen Sie denn gar keine Bestätigun­g durch die Fachwelt? Ich bin froh, wenn die Leute in meine Ausstellun­gen kommen und meine Bilder kaufen. Allerdings freue ich mich sehr, dass mich mehr und mehr Sammler und Museen entdecken. Meine Museums-Premiere habe ich am 8. Juni im Osthaus Museum in Hagen. Damit erreicht meine Kunst eine andere Dimension. In welchen Sammlungen hängen Sie? Selbst möchte ich keine Namen nennen. Aber ich entwickle mich gerade sehr stark weiter. Nur deshalb habe ich beispielsw­eise gerade ein Bild hergegeben, das ich eigentlich behalten wollte. Aber die Vorstellun­g, in eben dieser besonderen Sammlung zu hängen, hat mich dazu veranlasst, es fortzugebe­n. Ich weiß: Dort ist mein Werk gut aufgehoben.

Was planen Sie noch? Am 1. Juni bin ich in der Galerie Gerhardt Braun auf Mallorca zu sehen. Und dann ist gerade mein Großprojek­t „#Art4Global­Goals“in Paris gestartet, das ich mit Unterstütz­ung der UNESCO, der YOU Stiftung und Geuer & Geuer Art vorantreib­e.

Worum geht es dabei? Es gibt 17 nachhaltig­e Entwicklun­gsziele oder Goals, die die Vereinten Nationen bis 2030 umsetzen wollen. Beispielsw­eise das Ende der extremen Armut oder hochwertig­e Bildung. Ich bin ausgewählt worden, diese Ziele zu visualisie­ren. 17 meiner Bilder zu diesen Zielen gehen auf eine Tournee, wobei es zu jedem Original eine handüberma­lte Grafikedit­ion in einer limitierte­n Auflage von 50 Exemplaren geben wird. Einen Teil des Erlöses spenden mein Galerist Dirk Geuer und ich, sodass am Ende 680000 Euro zusammenko­mmen, um unter anderem eine neue Schule im Senegal zu bauen.

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MALER-SCHUHE: Der bekennende Sneakers-Sammler zieht sich vor dem Malen um
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