Die Heilkraft des Waldes: Ein Spaziergang ist Medizin für Seele und Körper
HINEIN IN DEN HAIN! Der Wald schützt die Lunge und ist Balsam für unsere Seele. Warum ein Spaziergang unter Baumwipfeln dem Menschen guttut und er sogar bald vom Arzt verordnet werden könnte
Der Wald war schon im‑ mer ein faszinierender Ort. In Märchen wird er als geheimnisvoll be‑ schrieben, in Gedichten verehrt und in Liedern besungen. Seine Pflanzen sind seit Jahr‑ tausenden fester Bestandteil der Heil‑ kunde. Ein Spaziergang durchs schat‑ tige Gehölz und das Ausruhen auf dem Baumstamm tun Körper und Seele gut. Bereits 1984 stellten Gesundheitsfor‑ scher fest, dass alleine der Anblick von Bäumen durch ein Krankenhausfenster die Wundheilung fördert. Ebenso be‑ nötigten diese Patienten mit Sicht aufs Grüne weniger Schmerzmittel. Neu ist allerdings, dass jetzt die medizinische Heilkraft des Waldes gegen Zivilisa‑ tionskrankheiten mehr und besser un‑ tersucht wird. Es scheint, als hätten die Menschen des digitalen 21. Jahrhunderts die Kraft der Bäume für sich entdeckt.
Der Diplom‑Ingenieur, Biologe und Bestsellerautor Clemens G. Arvay er‑ forscht seit Jahren den Wald. Der Land‑ schaftsökologe und Pflanzenwissen‑ schaftler glaubt zu wissen, woher die neue Sehnsucht kommt: „Wir Menschen kommen nicht aus einer künstlichen Welt, sondern sind ein Teil der Natur. Wir spüren, dass ein Waldspaziergang unserer körperlichen und seelischen Verfassung einfach guttut. Der Grund: Wir nehmen seine zahlreichen bioaktiven Substanzen über die Lungen, aber auch über die Haut und Schleimhäute auf.“Waldluft kann dazu beitragen, uns vor Herzinfarkt zu schützen, und fördert die Bildung einer natürlichen Herzschutz‑ substanz in unserer Nebennierenrin‑ de, die Mediziner DHEA nennen. Mehr noch: Der Wald senkt nachweislich den Blutdruck, reduziert den Gehalt an Stresshormonen im Blut und führt zu einem niedrigeren Blutzuckerspiegel.
Ein heilsames Trio
Ist eine größere Fläche von Bäumen bedeckt, entsteht ein riesiger Or‑ ganismus, in dem sich alle Bäume miteinander austauschen. Das grü‑ ne Wunderwerk beinhaltet auch die heilsamen Substanzen, die Biologe Arvay als das „heilsame Trio des Waldes“bezeichnet. Dazu gehören: Terpene. Das sind gasförmige sekun‑ däre Pflanzenstoffe und ätherische Öle, die aus Blättern, Nadeln und anderen Pflanzenteilen stammen und mitei‑ nander kommunizieren. In Studien an der Nippon Medical School in Tokio, wo die moderne Waldmedizin entstanden ist, wurde nachgewiesen: Eine Vielzahl von eingeatmeten Terpenen wirkt ent‑ zündungshemmend und erhöht die An‑ zahl natürlicher Killerzellen. Das sind wichtige Abwehrstoffe gegen Viren und Bakterien. Terpene wirken antioxi‑