Es ist nie zu spät
Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, hat jeder von uns die gleiche schlechte Angewohnheit. Die Ange‑ wohnheit, unangenehme Dinge vor sich herzuschieben. Endlich mal den Keller ausmisten. Die anstrengende Verwandt‑ schaft einladen. Nach einem Streit das klärende Gespräch suchen. Es liegt an‑ scheinend in der Natur des Menschen, lie‑ ber den Weg des geringeren Widerstands zu gehen. Es ist ja auch so schön bequem. Doch ganz innen drin nagt es an einem. Ein dumpfes Gefühl, mit dem man auf‑ wacht und wieder schlafen geht. Ein Ge‑ fühl, das sich schleichend zu einer gro‑ ßen Last addiert.
Jahrelang hat Fürst Albert von Mona‑ co seinen unehelichen Sohn Alexandre, 14, verleugnet. Ihn aus seinem Leben aus‑ geschlossen. Wegen ihm wurde sogar ein Gesetz geändert. Dieser hübsche farbige Junge passte nicht in Alberts dynastische Welt. Nicole Coste, die Mutter des Teenagers, beschrieb dessen Gefühlswelt so: „Ale‑ xandre vermisst seinen Vater. Er ist trau‑ rig und fühlt sich zurückgewiesen. Warum denkt keiner an mein unschuldiges Kind?“Jetzt geschah ein kleines Wunder in Ale‑ xandres Welt. Zu seiner Firmung in Lon‑ don erschien Fürst Albert. Auf sanf‑ ten Druck seiner Frau Charlène. Und plötzlich fand der Monarch die Wor‑ te, die eines Vaters würdig sind: „Wir beten und hoffen, dass Alexandre ein gesundes und glückliches Leben füh‑ ren wird.“Er versprach, seinen Teil dazu beizutragen. Man weiß nicht, wer von beiden in diesem Moment der Glücklichere war. Der Junge, der plötzlich Vaterliebe spürte? Oder der Vater, der diesen Moment so lange vor sich hergeschoben hat?
Es gibt die Redewendung: „Da ist mir ein Stein vom Herzen gefallen.“Dieses Gefühl verleiht Flügel. Es schafft Freude und Mut. Den Mut, sich öfter zu überwinden. Und die Erkenntnis, dass manchmal ein kleiner Schritt ein großes Stück des Wegs zurücklegen kann.
Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.